Unser Weg in die Elektromobilität (inkl. Mythen und Stammtischweisheiten)

Lesezeit: 35 Minuten

Was einen Liebhaber alter Jeeps und großvolumiger V8-Motoren von Elektroautos überzeugt hat, dass das eine das andere nicht ausschließt und was ich am Weg dahin gelernt habe, möchte ich in diesem Beitrag festhalten.

Hier eine Übersicht aller meiner Artikel zum Thema Elektromobilität.

Inhalt

  • Meine Vorgeschichte
    • Technische Eleganz
    • Tim Urban und Elon Musk
    • Elektroautos
    • Es stinkt
  • Tesla
    • Finanzierung
    • Förderung
    • Lieferung
  • Mythen und Stammtischweisheiten
    • „E-Autos Brennen ständig und sind unlöschbar!“
    • „Über seine gesamte Lebensdauer ist ein Elektroauto schädlicher für die Umwelt als ein Verbrenner!“
    • „Würden alle elektrisch fahren, würde das Stromnetz zusammenbrechen!“
    • „Tanken kann ich in 3 Minuten, laden dauert 7 Stunden!“
    • „Und was passiert dann mit dem Akku?“
    • „Plug-In-Hybrid ist besser!“
    • „Wasserstoff ist die Zukunft!“
    • „Mit synthetischen Kraftstoffen können auch Verbrenner CO2-neutral fahren!“
  • Worüber man eher sprechen sollte
    • Effizienz
    • Diversität
    • Zeit, die wir nicht haben

Meine Vorgeschichte

Technische Eleganz

Ich interessiere mich schon länger für klassische amerikanische Autos, Motorräder, Pocket Bikes und auch eine motorisierte Badewanne findet sich in meinem Fuhrpark. Mein letzter privater PKW war ein 1er BMW, BJ 2006, den ich 2019 verkauft habe nachdem mir inzwischen ein Firmenfahrzeug zur Verfügung steht. Ungefähr so sah mein Leben vor ein paar Jahren aus:

Die entscheidende Gemeinsamkeit, die die Vehikel meiner Begierde immer schon hatten, war eine gewisse Einfachheit, eine technische Eleganz. Mir gefällt, dass zum Beispiel ein üblicher amerikanischer V8-Motor mit einer einzigen, praktisch unzerstörbaren Steuerkette auskommt und nicht vier zierliche Kettchen braucht wie ein V-Motor von Audi:

Quelle: blog.resch.cloud

Was mir an BMW, speziell dem 1er, besser gefiel als bei anderen PKW dieser Klasse, war der längs eingebaute Motor und der Heckantrieb. Einerseits finde ich es sinnvoll, die Lenk- und die Antriebskräfte auf alle Achsen aufzuteilen, andererseits sorgt diese Bauweise auch für eine gleichmäßigere Gewichtsverteilung:

Quelle: blog.resch.cloud

Natürlich hat jede Bauweise sowohl Vorteile als auch Nachteile, aber manche zeichnen sich für mich durch eben diese technische Eleganz un Einfachheit aus. Jedenfalls sind einfachere Bauweisen robuster, wartungsfreundlicher und leichter nachvollziehbar.

Tim Urban

Anfang dieses Jahres habe ich einen umfangreichen Beitrag über Neuralink entdeckt, ein Unternehmen von Elon Musk, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Übertragungsbandbreite zwischen dem menschlichen Gehirn und z.B. einem Computer massiv zu erhöhen, um im Endeffekt nicht von künstlichen Superintelligenzen ausgerottet zu werden. Mir wurde beim Lesen klar, wie sehr ich mich mit wissenschaftlichen Betrachtungsweisen identifizieren kann und wie wohltuend ich Objektivität im generellen empfinde.

Der Autor des Artikels, Tim Urban, hat in seinem Blog „Whait but Why“ mehrere hochinteressante Artikel verfasst, darunter auch eine ganze Serie über Elon Musk und dessen andere Tätigkeiten wie den Umbruch mehrerer Industrien zur Beschleunigung des Wandels hin zu nachhaltigem Energiehaushalt und die Kolonialisierung des Planeten Mars zum Erhalt der Spezies Mensch.

Elektroautos

Vor ein paar Jahren noch, zu Zeiten meines Jeep Grand Cherokee V8, lief mir beim Gedanken an Nichtverbrenner ein kalter, von Ekel erfüllter Schauder über den Rücken. Wobei ich mich beim besten Willen nicht erinnern kann, warum eigentlich.

Schon 2019 begann ich, mich mit diesen nicht-Verbrennern etwas auseinanderzusetzen. Ich glaube, ausschlaggebend war das KFZ-Nutzungsverhalten meiner Eltern, das im Wesentlichen daraus besteht, täglich so kurze Strecken zurückzulegen, dass ihre Verbrennungsmotoren ungefähr zweimal jährlich Betriebstemperatur erreichen. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass hier ein Elektroauto wesentlich sinnvoller wäre.

Durch die Wait But Why-Artikel und die folgende eigene Recherche hatte ich mich Mitte 2020 schon mehr als je zuvor mit Themen wie nachhaltigem Energiehaushalt und der Zukunft im Generellen beschäftigt, als plötzlich die Freakshow Folge 251 um die Ecke kam, in der Philipp vom Cleanelectric Podcast zu Gast war, der seitdem auch mich zu seinen Stammhörern zählt. Dieser Punkt markiert wohl den Einstieg in das berühmte Rabbit Hole der Elektromobilität, durch das ich mich seitdem immer tiefer und in immer neue Gänge wühle. Und natürlich hat es mir der unglaublich einfache Aufbau von Elektrofahrzeugen sofort angetan. Selbst gegeüber puristischen Verbrennern fällt ein Elektromotor eine ganz, ganz andere Klasse der Simplizität:

Sobald man sich mit E-Autos auseinandersetzt, kommt man zwangsläufig auch mit vielen anderen interessanten und relevanten Aspekten der Ökologie in Kontakt und lernt, sich damit zu identifizieren. Zumindest ging es mir so.

Andererseits sieht man sich auch umgehend mit all den Stammtischweisheiten und Gegenargumenten und besseren Alternativen und allen möglichen anekdotischen Erzählungen über den Postler vom Hundefrisör des Nachbarn konfrontiert, die so durch die Gesellschaft geistern und Elektrofahrzeuge eigentlich immer schlecht aussehen lassen. Dazu trägt die erbärmlich unsachliche Berichterstattung verschiedenster Medien auch noch ihren Teil bei.

Doch kaum beginnt man nachzufragen, genauer hinzusehen, Quellen zu prüfen und nachzurechnen, so beginnen die vermeintlichen Nachteile zu bröckeln bis sie, einer nach dem anderen, wie Staub zerfallen. Weil veraltet, irrelevant oder einfach falsch. Dazu gleich mehr, vorher weiter in meiner Geschichte.

Es stinkt

Im vergangenen Sommer war ich viel mit meinem Minimotorrad im Wiener Straßenverkehr unterwegs und abends gehe ich öfters spazieren. Spätestens als ich einmal dabei war, meinen Arbeitsweg mit dem Fahrrad zu absolvieren und dabei keuchend eine Steigung erklimmend ständig von Dieselfahrzeugen überholt wurde, die ja zum Beschleunigen herunterschalten müssen – haben ja kein Drehmoment diese Verbrenner – war mir klar geworden, dass das so nicht weitergehen kann.

Ich kam zu dem Schluss, dass jemand in einer solch privilegierten Gesellschaft wie wir sich angesichts der Luft- und Klimaveränderungen eigentlich in der Pflicht sehen muss, zu handeln und Bewusstsein zu schaffen. Und zwar umgehend.

Es folgten ein paar Wochen der weiteren Recherche, die sich bald auf konkrete Fahrzeuge, Finanzierungsmöglichkeiten, Förderungen und Lademöglichkeiten richtete. Die Überlegungen von meiner Freundin und mir ergaben folgende Anforderungen:

  • Reichweite: Die Strecke Wien-Mariazellerland-Wien (ca. 300km) muss mit einer Akkuladung problemlos absolvierbar sein.
  • Bewusstsein schaffen: Das Auto soll andere animieren, über Elektromobilität nachzudenken.
  • Effizienz: Wir fahren viel auf Autobahnen, daher sollte das Auto auch bei höheren Geschwindigkeiten möglichst effizient sein und einen geringen Luftwiderstand haben.
  • Anhängerkupplung: Wir wollen kein unnötig großes Auto, daher wäre für größere Transporte ein Anhänger oder eine Heckbox sinnvoll.
  • Ladeleistung: AC-Laden muss mit mindestens 11kW möglich sein (Wien-Energie-Ladesäulen), DC mit mindestens 100kW (Für Langstrecken).
  • Fahrspaß: Das Auto sollte Spaß machen, man lebt ja schließlich nur einmal.
  • Allradantrieb: Wäre im winterlichen Mariazellerland vorteilhaft.
  • Wärmepumpe: Kann im alpenländischen Klima auch nicht schaden.

Auch wenn die Summe der Anforderungen eigentlich schon alle Autos, die keine Teslas sind, ausschließt, dachte ich zuerst hauptsächlich über den Hyundai Kona nach. Bis zum 3. September 2020, ca. 11:45 Uhr, wo ich erstmals in einem Model 3 mitfahren durfte. Danach war die Sache klar.

Tesla

Vor dieser Fahrt am 3. September blickte ich jedem BMW 135iX hinterher, fand Smarts doof, hielt Volvo für interessant, wollte nie ein französisches Auto fahren, fand Dodge Challenger cool und so weiter. Doch seit dieser Fahrt gibt es noch genau drei Klassen von Alltagsautos für mich:

  • Teslas
  • Andere Elektroautos
  • Stinkende Vehikel aus der Vergangenheit

Ich klärte die Rückgabe meines Dienstautos (BMW 216d AT), kalkulierte den eingesparten Sachbezug, das zu erwartende Kilometergeld und sonstige Kosten, holte Versicherungs- und Leasingangebote ein, wartete das kurz bevorstehende Facelift des Model 3 ab und am 22. Oktober 2020 tätigten wir dann die Bestellung:

Quelle: blog.resch.cloud

Finanzierung

Wir entschieden uns für ein Leasing mit folgenden Eckdaten:

  • 22.000€ Anzahlung
  • 60 Monatsraten á 360€
  • 19.000€ Restwert bei 30.000km/Jahr

Gemeinsam mit der Anzahlung und der Vollkaskoversicherung von ca. 160€/Monat ergibt das eine monatliche Mehrbelastung (inkl. Anzahlung) gegenüber einem Dienstfahrzeug von ca. 552€:

Leasing und Versicherung
(22000+(60*(360+160)))/60
887 €
Sonstiges
(Vignette, Reifen, Strom usw.)
30 €
Wegfall Sachbezug PKW
(409€ abzüglich Steuer)
– 215 €
Kilometergeld– 150 €
Mehrbelastung552 €

Vernachlässigt man die vorab geleistete Anzahlung, so bleiben 185€ an effektiven Kosten übrig. Bedenkt man jetzt noch, dass ich mir diese Kosten mit meiner Freundin teile, wobei auf jeden von uns 92,50€ entfallen, nimmt das dem Vorhaben einiges an Schrecken. Und das, obwohl wir hier einen 2er BMW mit 85kW und Frontantrieb mit einem Tesla Model 3 LR mit 366kW und Allradantrieb vergleichen.

Förderung

In unserem Fall kann die Förderungsaktion E-Mobilität für Private 2019-2020 in Anspruch genommen werden. Diese besteht aus einem Abzug von 2.400€ durch den Importeur, einer Auszahlung von 3.000€ für das Fahrzeug und einer Auszahlung von 600€ für eine Wallbox oder ein intelligentes Ladekabel. Die Auszahlung der Beträge muss beantragt werden und ist im Wesentlichen an den Bezug von Ökostrom am Wohnsitz gebunden. Insgesamt beträgt die Förderung somit 6.000€. Für Unternehmen und bei günstigeren Fahrzeugen stehen derzeit auch andere Förderungen zur Verfügung.

Lieferung

Zum Zeitpunkt unserer Bestellung werden alle Model 3 LR und Performance im Stammwerk in Fremont, nahe San Francisco, gefertigt und von dort auf RoRo-Schiffen nach Europa transportiert. Gleich vorweg: Ja, das hat einen Einfluss auf die CO2-Bilanz, diese ist aber laut meiner Berechnung nach rund 1.000 Kilometern, die man mit Strom aus erneuerbaren Quellen zurücklegt, wieder ausgeglichen. Hier der zeitliche Ablauf einer Tesla-Bestellung:

2020-10-22Bestellung
2020-10-29Leasingvertrag unterschrieben
2020-10-30Finanzierungszusage an Tesla erteilt
2020-11-03Herstellungsdatum
2020-11-14Schiff „Glovis Crystal“ legt in San Francisco ab
2020-11-23Schiff „Glovis Crystal“ erreicht den Panama-Kanal
2020-11-23Schiff „Glovis Crystal“ passiert den Panama-Kanal
2020-11-25Fahrzeugpapiere erhalten
2020-12-09Schiff „Glovis Crystal“ erreicht den Hafen von Zeebrugge (verspätet, geplant war 5.12.)
2020-12-10Fahrzeug wird angemeldet
2020-12-17Übernahme des Fahrzeugs (verspätet, geplant war 15.12.)
Schiffsroute. Quelle: blog.resch.cloud

Der Twitter-User @FMossotto hat alle Tesla-Schiffe in diesem Google Sheet aufgelistet.

Mythen und Stammtischweisheiten

Im Zuge der Recherche zum Thema Elektroauto ist mir schon bald aufgefallen, dass unglaublich viele Milchmädchenrechnungen, längst überholte Informationen und Falschinformationen verbreitet wurden und werden. Sei es oft wegen schlechter Recherche, meist scheint aber ein ganz gezielter Lobbyismus oder eine Meinung von Einzelpersonen dahinterzustecken.

Ich habe mir viele Dokumentationen, Reportagen, Artikel und Videos zu Gemüte geführt, wonach man meinen könnte, dass die paar Elektroautos auf den Straßen die Spezies Mensch eigentlich schon längst ins Chaos gestürzt und ausgerottet haben müssten. Durch sehr lächerliche Argumentationen machen es einem manche Produktionen aber angenehm leicht, sie richtig einzuordnen:

  • Eine Reportage von ServusTV mit Namen „E-Mobilität – Fluch oder Segen?“ berichtet folgendermaßen. Ein Reporter aus Wien kauft sich ein „Elektroauto“ (eigentlich ein Range Rover Plug-In-Hybrid). Er will an einer Wien-Energie-Ladesäule laden, sein Ladekabel ist aber zu kurz. Er parkt sich daher gegen die Fahrtrichtung ein und bekommt dafür einen Strafzettel. Er kann den Stecker nicht vollständig in die Säule stecken (wegen falsch montiertem Rammschutzbügel vor der Säule) und verlässt das Fahrzeug. Später will er den Ladevorgang per App starten, was ohne Kontakt logischerweise nicht geht. Er bekommt einen zweiten Strafzettel wegen des Parkens an einer Ladesäule, ohne zu laden.
  • In einem Video rechnet der Astrophysiker Harald Lesch das „Problem“ mit dem Stromverbrauch von einer Million gleichzeitig ladenden Elektroautos so: 350kW x 1.000.000 = 350GW. Das deutsche Stromnetz leistet 68,5GW und somit geht das alles nicht.

Wer sich auch nur 42 Sekunden lang ernsthaft mit Elektroautos beschäftigt hat und ein Mindestmaß an Hausverstand aufbringen kann, findet die Probleme in den zwei Beispielen. Auf solche Quellen stützen sich aber leider die Meinungen vieler, weshalb ich jedem und jeder Interessierten dringend raten muss, sich selbst die nötigen Daten zusammenzusuchen, zu prüfen, zu vergleichen und sich daraus eine fundierte Meinung zu bilden.

Ich habe das in den letzten Wochen sehr intensiv gemacht und hunderte Seiten verschiedenster Studien und Artikel gelesen, Videos gesehen und Podcasts gehört, die sich mit den jeweiligen Themen im Detail auseinandersetzen.

„E-Autos brennen ständig und sind unlöschbar!“

Besonders gerne wird hier das Beispiel eines verunfallten Tesla aus Tirol gebracht. Ein Fahrer hat sein Model S gegen einen Baum gefahren, es hat daraufhin zu brennen begonnen. Die Feuerwehr hat den Brand gelöscht und das Auto danach in einem mit Wasser gefüllten Container versenkt.

Quelle: zoom.tirol

Im entsprechenden ORF-Artikel mit dem Titel „E-Autowracks: Brandgefährlicher Sondermüll“ ist die Rede von „Geheimnisvoller Zusammensetzung“ des Akkus und von einer „Zeitbombe„. „Da wisse man einfach nicht mehr, wo die Batterie anfinge und wo sie aufhöre…“ wird eine Recyclingunternehmerin zitiert. Ohne weiter darauf einzugehen, hier ein Foto von der ausgebauten Batterie dieses verunfallten Teslas:

Quelle: Georg Greiderer (der Abschleppunternehmer)

Wer es nicht gleich erkennen sollte: Die Batterie ist praktisch unbeschädigt. Lediglich die Schutzfolie ist teilweise verkohlt. Hier kann man sich ansehen, was da noch alles darunter ist, bevor man zu einer eigentlichen Zelle kommt. Das soll keineswegs die Gefährlichkeit brennender Lithium-Akkus herunterspielen, sondern in erster Linie zeigen, wie einseitig beeinflussend oft berichtet wird.

Laut einer Studie der amerikanischen Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA ist bei Elektrofahrzeugen sogar von einer geringeren Gefährlichkeit gegenüber benzin- oder dieselbetriebenen Fahrzeugen auszugehen, da die Menge an brennbarem Material und somit die Brandlast geringer ist:

The propensity and severity of fires and explosions from the accidental ignition of flammable electrolytic solvents used in Li-ion battery systems are anticipated to be somewhat comparableto or perhaps slightly less than those for gasoline or diesel vehicular fuels, with the overall consequences for Li-ion batteries also expected to be less because of the much lower amounts of flammable solvent released and burning.

Quelle: Lithium-ion Battery Safety Issues for Electric and Plug-in Hybrid Vehicles, NHTSA 2017

Was die Häufigkeit betrifft, mit der Elektoautos überhaupt in Brand geraten, gibt es leider noch wenige brauchbare Zahlen. Laut mehrerer Quellen haben amerikanische Untersuchungen gezeigt, dass es pro Milliarde gefahrener Meilen bei 55 Verbrennerfahrzeugen zu Bränden kommt, bei Teslas hingegen nur bei 5 Fahrzeugen. Das sind aber leider nur sehr vage Zahlen ohne ordentliche Belege und vor allem nur auf Tesla bezogen, weshalb man hier noch auf hochwertigere Studien warten sollte.

Auch über die Brandbekämpfung bei Elektroautos habe ich leider noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen gefunden, die gängigste Methode von Feuerwehren scheint aber die Kühlung der Akkus mit Wasser zu sein, um die Ausbreitung des Brandes auf andere Zellen oder Teile des Batteriepacks zu verhindern. Renault hat in seiner ZOE dazu einen speziellen Zugangspunkt unter der Rücksitzbank vorgesehen, wodurch man die Batterie direkt fluten kann. Auch das verwendete Löschwasser ist ein oft diskutiertes Problem, da es verschiedene giftige Substanzen enthält. Wie aus persönlichen Gesprächen und Online-Artikeln hervorgeht, ist daher eine Löschwasserrückhaltung und -nachbehandlung notwendig, was aber bei Bränden von Verbrennerfahrzeugen auch der Fall sein dürfte. Auch neue Löschtechniken dürften derzeit in Entwicklung sein. Wer hier bessere Informationen und vor allem seriöse Quellen hat, möge bitte so freundlich sein und mir Links zukommen lassen. 🙂

Hier ist übrigens das Notfallhandbuch für Einsatzkräfte für ein Tesla Model 3.

Quellen:

„Über seine gesamte Lebensdauer ist ein Elektroauto schädlicher für die Umwelt als ein Verbrenner!“

Das muss man in zwei Teilen betrachten: Rohstoffbedarf und CO2-Ausstoß. Bei den Rohstoffen steht meist Lithium und Kobalt im Mittelpunkt:

In einer durchschnittlichen Tesla-Traktionsbatterie stecken derzeit rund 10kg Lithium und dieses wird (meist zurecht) wegen umweltschädlicher Abbaumethoden in Südamerika kritisiert. Tesla zum Beispiel aber bezieht sein Lithium aus wesentlich weniger schädlichem Tagebau in Australien. Zukünftig soll Lithium für Tesla direkt in den USA mittels äußerst energieeffizienter Methoden aus lithiumhaltigem Lehm gewonnen werden. Außerdem gibt es bespielsweise auf der Koralpe und im deutschen Erzgebirge große Lithiumvorkommen, die mit modernen Bergbaumethoden gewonnen werden können. Auch wird oft missachtet, dass derzeit nur rund die Hälfte allen geförderten Lithiums überhaupt für Batterien verwendet wird, und zwar primär für die in unseren Handys, Laptops, Zahnbürsten, Staubsaugern, Akkuschraubern usw. Der Rest geht hauptsächlich in die Produktion von Glas, Keramik und Schmierstoffen. Und dann wäre da noch das Recycling: Nur ein Bruchteil aller Kleinakkus wird derzeit dem Recycling zugeführt, bei großen Traktionsbatterien aus Autos ist das anders. Aber zum Recycling komme ich später.

Vorher das zweite vieldiskutierte Rohstoffthema: Kobalt. Hier werden nicht die Umweltschäden, sondern die schlechten Arbeitsbedingungen in den großen Abbaugebieten kritisiert. Diese Kritik ist auch vollkommen berechtigt, nur wäre diese wie auch beim Lithium schon vor dem Elektroauto angebracht gewesen. Kobalt wird nämlich auch nur zur Hälfte für Akkus verwendet, der Rest wird primär in der Metallindustrie, für Keramik und für Katalysatoren in Verbrennerfahrzeugen genutzt. Natürlich steigt die Nachfrage derzeit stark an, was jedoch dazu führt, dass der manuelle Abbau nicht mehr ausreichend ist und daher die Förderung industrialisiert wird. Und das wird die Arbeitsbedingungen verbessern. In Akkus ist der Kobaltanteil außerdem sehr unterschiedlich. Während in Auto-Akkus 10-30% Kobalt enthalten ist, bestehen Kleinakkus (z.B. in Smartphones) zu 60% aus Kobalt. Des weiteren gibt es Akkuchemien, die komplett ohne Kobalt auskommen, LFP (Lithium-Eisenphosphat) zum Beispiel. Und das ist keine bloße Theorie: Wer heute ein Model 3 SR bestellt, bekommt es bereits ohne ein Gramm Kobalt in der Batterie.

Die CO2-Bilanz eines Elektroautos, konkret die Emissionen der Batterieproduktion und der Fahrstromerzeugung, ist das zweite vieldiskutierte Umweltthema. Manche Theorie besagt, dass ein Elektroauto während der Produktion und beim Betrieb mit dem aktuellen Strommix über seine Lebensdauer mehr CO2 emittiert als ein Verbrenner. Und tatsächlich kann man sich die Zahlen so zusammensuchen, dass eine Berechnung genau das ergeben würde. Nur wären diese Zahlen dann entweder falsch, veraltet oder aus dem Zusammenhang gerissen. Gerne wird als Beleg die „Schwedenstudie“ aus dem Jahr 2017 herangezogen. Diese Metastudie (Studie über mehrere andere Studien) besagt, dass pro kWh Akkukapazität 100-200kg CO2 während der Produktion ausgestoßen werden. Es ist aber so, dass die Autoren dieser Metastudie ihre Arbeit 2019 aktualisiert haben und dabei die Daten selbst erhoben haben. Da wird dann schon nur mehr von 61-146kg/kWh ausgegangen. Bezieht man die Skaleneffekte großer Produktionsanlagen, wie sie wie Northvolt oder Tesla planen bzw. schon betreiben, mit in die Berechnungen mit ein, kann man von einem Durchschnitt von 65kg/kWh ausgehen. Daraus ergibt sich, dass man ein Eletroauto in etwa 20.000 bis 40.000 km fahren muss, um insgesamt weniger Emissionen zu verursachen als ein Verbrenner.

Daneben gilt es zu beachten, dass der Strommix ständig sauberer wird, die Produktion von fossilen Treibstoffen jedoch immer schmutziger und CO2-intensiver. Für 2025 wird prognostiziert, dass rund die Hälfte allen geförderten Rohöls aus Fracking und Ölsand kommen wird, zwei Verfahren, die deutlich mehr CO2-Emmissionen und andere Umweltschäden nach sich ziehen. Wenn der Badarf an Erdöl durch die Energie- bzw. Mobilitätswende in Zukunft signifikant sinken würde, wären diese problematischen Fördermethoden jedoch nicht mehr nötig und auch nicht ökonomisch sinnvoll.

Hier eine Grafik aus einer entsprechenden Studie des Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI aus 2019, die die Fakten für einen Mittelklassewagen in Deutschland gut zusammenfasst, der 2018 gekauft und zwölf Jahre lang betrieben wird:

Kumulierte THG-Emissionen pro Mittelklassewagen über die Nutzungsdauer aufsummiert (LM: Lastmanagement und stündliche THG-Werte, BEV: Batterie-Pkw, EE: Erneuerbare Energien, Strommix: jährlicher THG-Durchschnittswert).
Quelle: isi.fraunhofer.de

Abschließend muss man auch bedenken, dass derzeit intensive Forschung auf dem Batteriesektor betrieben wird und mehrere vielversprechende Technologien wie Natrium-Ionen-Batterien oder Salzwasserbatterien in Arbeit sind. Sogar Batterien aus Obstabfällen sind realistischer als man denken würde. Die meisten dieser Technologien werden selbst bei Marktreife wohl mittelfristig keine Verwendung in elektrischen PKW finden, doch auch der Bedarf an anderen Energiespeichern wird zukünftig steigen.

Quellen:

„Würden alle elektrisch fahren, würde das Stromnetz zusammenbrechen!“

„Eine Zapfsäule gibt ca. 30l/min her, in einen großen Tankwagen passen ca. 40.000l, somit müsste jede einzelne Zapfsäule alle 22h von einem Tankwagen befüllt werden (40000/30/60=22). So viele LKW passen ja gar nicht auf unsere Straßen.

Niemand. Niemals.

Obige Berechnung ist offensichtlich kompletter Schwachsinn, deshalb hat sie wohl noch niemand ernsthaft angestellt. Auf genau diese Weise wird aber oft gegen Elektrofahrzeuge argumentiert, siehe das oben erwähnte Video von Harald Lesch.

Hier könnte man stattdessen eine ähnlich einfache, aber richtige Rechnung anstellen: Ein modernes Mittelklasse-Elektroauto verbraucht nach WLTP ca. 15kWh/100km, dazu kommen ca. 10% Ladeverluste. Österreich verbrauchte im Jahr 2019 ca. 70TWh und es gab ca. 5.000.000 zugelassene PKW, die insgesamt 83.000.000.000km zurücklegten, das wären 45,5km/PKW/Tag. Der tatsächliche Stromverbrauch einer vollständigen Elektrifizierung der österreichischen PKW würde sich also so errechnen:

Gegenüber dem Gesamtverbrauch von 70TWh wäre das also ein Zuwachs von rund 20%. Beachtet man, dass der heute übliche Lastgang über einen Tag wesentlich größere Schwankungen durchläuft, so ist klar, dass das Netz nur zu Spitzenzeiten stärker belastet wäre als heute. Und genau das kann man durch intelligentes Lademanagement und stationäre Speicher leicht ausgleichen. Zusätzlich wird lokal erzeugter Strom (Photovoltaik) eine immer größere Rolle spielen.

Für Deutschland zum Beispiel lässt sich das so darstellen:

Mittlere Systemlast Deutschlands für die Jahre 2012 (Linie) und 2030 (Fläche). Für das Jahr 2030 zeigt die rote Fläche die Last privater Elektrofahrzeuge (3,7 kW-Szenario)
Quelle: fraunhofer.de

Quellen:

„Tanken kann ich in 3 Minuten, laden dauert 7 Stunden!“

Nur jemand, der sich noch nicht ernsthaft mit Elektro-PKW auseinandergesetzt hat, würde so argumentieren. Vergleicht man das Auffüllen des Tanks an einer Tankstelle mit dem Laden des Akkus an einer 11kW-Lademöglichkeit von jeweils 10-100%, so stimmt dieser Vergleich natürlich.

Doch warum sollte man zu einer Tankstelle fahren, wenn man doch eine daheim hat. Oder an der nächsten Straße. Oder beim Arbeitgeber. Oder beim Hotel. Oder im Parkhaus. Oder vor dem Supermarkt. Oder überall sonst, wo es ganz normale Haushaltssteckdosen gibt. Spricht man mit Personen, die tatsächlich ein Elektroauto im Alltag fahren, erfährt man, dass diese einfach die Zeit, die das Auto ohnehin irgendwo parkt zum Laden nutzen.

In meinem Fall wird das so aussehen: Ich habe einen Arbeitsweg von ca. 8km pro Richtung, also 16km pro Tag. An einer stinknormalen Schuko-Steckdose (2,3kW) kann ich pro Stunde ca. 14km Reichweite nachladen. Die Durchschnittsösterreicherin fährt (siehe oben) 45,5km am Tag, sie bräuchte also pro Tag 3,25 Stunden Ladezeit. An einer Schuko-Steckdose mit 10A!

Ich wohne und arbeite in Wien. Will ich derzeit in der Stadt parken, muss ich 2,20€/h für einen Parkschein zahlen. Parke ich mit einem Model 3 an einer der über 1.000 Ladesäulen von Wien Energie, brauche ich keinen Parkschein und es kostet mich maximal 2,90€/h. Nur dass ich in dieser Zeit eben auch mit 11kW laden kann, was 65km Reichweite pro Stunde bringt.

Natürlich will man auch irgendwann längere Strecken zurücklegen und ist dabei auf öffentliche Schnelllader angewiesen, wovon es mehr gibt, als man denkt. Der aktuelle Stand ist gut auf chargeprice.app ersichtlich. Ich z.B. fahre öfters von Wien nach Salzburg. Auch jetzt schon mache ich eigentlich immer beim McDonalds in Loosdorf eine Pause, meist morgens zum Frühstücken und abends für einen Kaffee. Dort steht eine 50kW-Ladesäule, an der ich ein Model 3 LR in 30 Minuten von 30% auf 60% laden kann. Auch an meiner zweiten angestammten Zwischenstation am Mondsee gibt es günstige Schnelllader. Daneben gibt es auch teurere, die ein Model 3 LR in 9 Minuten von 30 auf 60% laden könnten. Und wer einen Tesla fährt, der hat außerdem Zugriff auf das weltweite Supercharger-Netzwerk, wo man derzeit zum Preis von Haushaltsstrom laden kann, nur halt schneller als daheim.

Und bei wirklich langen Urlaubsfahrten? Hier hilft App A Better Routeplanner weiter. Wollten wir zum Beispiel von Wien zu meiner Tante nach Sanremo reisen, wären 4 Ladungen von je 18-21min nötig. Das würde für die 1152km lange Strecke so aussehen:

Für mich scheint das Laden gegenüber dem Tanken nur Vorteile zu bieten. Ich bin nicht von Tankstellen und deren Betreibern abhängig, ich könnte meinen Fahrstrom am eigenen Dach produzieren und ich kann bisher ungenutzte Zeit sinnvoll einsetzen.

Quellen:

„Und was passiert dann mit dem Akku?“

Die Traktionsbatterien in aktuellen Elektroautos genießen derzeit schon deutlich längere Gewährleistungen als Verbrennerfahrzeuge als Ganzes. Tesla garantiert beim Model 3 acht Jahre oder 192.000km, Toyota gibt sogar 1.000.000km Gewährleistung auf seine Traktionsbatterien. Und damit ist gemeint, dass nach 1.000.000km noch 75% der ursprünglich nutzbaren Kapazität zur Verfügung stehen. Selbst Fahrzeuge der ersten Generation von Teslas Model S, die als Taxis genutzt wurden, werden mit mehreren hunderttausend Kilometern noch zu hohen Preisen gehandelt.

Kapazität von Tesla Model S/X-Akkus nach Fahrleistung in Meilen.
Quelle: tesla.com

Also angenommen, man wäre jetzt viele hunderttausend Kilometer gefahren und der Akku hätte 75% der ursprünglichen Kapazität, so hat das natürlich Auswirkung auf die Reichweite und damit auf die Nutzbarkeit des Fahrzeugs. Doch wie viele Fahrzeuge befinden sich nach 1.000.000km generell noch in benutzbarem Zustand? Daher ist es auch jetzt schon üblich, gebrauchte Traktionsbatterien in stationären Speichern einzusetzen. Und zwar für weitere 10 bis 15 Jahre. Diese Speicher können beispielsweise Lastspitzen von großen Ladeparks glätten oder PV-Strom zwischenspeichern.

Und erst dann, rund 25 Jahre, nachdem das Elektroauto vom Band gerollt ist, wird die Batterie dem Recycling zugeführt. Dabei kann man schon jetzt 96% der Rohstoffe wiederverwenden. Das ist zwar noch teuer und auch nicht wirklich CO2-neutral, es gibt aber auch noch viel zu wenige Fahrzeugakkus zu verwerten. Sobald hier Skaleneffekte einsetzen, ist naturgemäß auch dieses Thema vom Tisch.

Quellen:

„Plug-In-Hybrid ist besser!“

Man könnte argumentieren, ein Hybridfahrzeug würde das Beste aus beiden Welten vereinen. Die elektrische Reichweite vieler PHEV deckt die durchschnittlichen 45km/Tag ab und wenn man ab und zu längere Fahrten unternimmt, kann man den Verbrenner nutzen. Bei genauer Betrachtung muss man aber feststellen, dass man hauptsächlich die Nachteile beider Welten vereint:

  • Platzangebot: Neben einem kompletten Verbrenner-Antrieb (Tank, Motor, Getriebe, Abgasanlage) muss man zusätzlich einen Elektromotor, Leistungselektronik und einen Akku im Auto unterbringen.
  • Akku: Aufgrund der geringen Kapazität (7-12kWh) muss der Akku für die 45 Tageskilometer praktisch komplett entladen und über Nacht wieder aufgeladen werden. Das sorgt für deutlich mehr Ladezyklen als bei einem reinen BEV und somit zu schnellerem Kapazitätsverlust. Auch haben PHEV-Akkus ein weniger leistungsfähiges Thermomanagement, wodurch der Akku ebenfalls schneller altert.
  • Rekuperationsleistung: Das Bremsen über den Elektromotor ist für den Akku nichts anderes als Laden. Und je schneller man einen Akku laden kann, desto stärker kann man rekuperieren. Kleine Akkus kann man aber nur langsam laden, daher wenig Rekuperation, wenig Fahrkomfort, mehr Bremsenverschleiß.
  • Wartung
  • Verbrauch: Ein Hybrid-PKW ist schwerer als ein Verbrenner, daher ist der Treibstoffverbrauch höher, auch der elektrische Verbrauch ist wegen der meist schlechten Aerodynamik und dem weniger optimierten Antriebsstrang höher als bei einem reinen Elektroauto.

Wer also unbedingt die Verbrauchswerte, den Wartungsaufwand und alle anderen Nachteile eines Verbrenners um die Nachteile einer kleinen Traktionsbatterie erweitern will und sich dazu Förderungen und Unabhängigkeit entgehen lassen will, soll das bitte machen. Ist aber Schwachsinn.

Außer natürlich, man kauft einen Plug-In-Hybrid mit großer elektrischer Reichweite, fährt täglich die üblichen 45,4km und einmal wöchentlich ohne eine einzige Pinkel- oder Kaffeepause zur 1.000km entfernten Waldhütte, bei der es keinen Strom (aber eine Tankstelle) gibt. Und wenn der Akku dann nicht mehr ausreichend Kapazität hat, muss man das Auto verschrotten, weil sich keiner mehr einen Verbrenner kufen will bzw. leisten kann.

Quellen:

„Wasserstoff ist die Zukunft!“

Zuerst sollte man klären, wovon man hier überhaupt spricht. Es gibt Verbrenner, die mit Wasserstoff fahren und es gibt Elektroautos, die in einer Brennstoffzelle aus Wasserstoff Strom erzeugen. Fast immer ist letzteres gemeint.

Wasserstoff wird in Zukunft zweifellos eine zentrale Rolle in vielen Energiethemen spielen. Sei es die längerfristige Speicherung großer Energiemengen für die Winterflaute von Wind- und Solarenergie oder die Nutzung in der Industrie.

Möglichkeiten der Wasserstoffnutzung.
Quelle: youtube.com/c/MoveElectric

Im PKW jedoch bietet H2 inzwischen keine relevanten Vorteile mehr gegenüber einem Batterieelektrischen Antrieb, auch LKW-Hersteller setzen zunehmend auf Akkus. Reichweite, Lade-/Tankzeiten, Kosten, Emissionen und Komfort sind jetzt schon bei BEV gleich wie oder besser als bei Brennstoffzellenfahrzeugen. Das lässt sich technisch vor allem durch den miserablen Well-To-Wheel-Wirkungsgrad erklären und praktisch durch die geringe Anzahl von Wasserstofftankstellen.

Die Erzeugung mittels Elektrolyse und die Lagerung von Wasserstoff sind wesentlich verlustbehafteter als die direkte Speicherung des Stroms in Batterien, auch geht beim Stromgewinnungsprozess in der Brennstoffzelle etwas verloren. Es macht daher Sinn, H2 dort zu erzeugen, wo Stromüberschuss besteht und der Wasserstoff auch ohne großen Lager- und Transportaufwand genutzt werden kann.

Für mich persönlich spricht ein Punkt ganz besonders gegen brennstoffzellenelektrische PKW (FCEV), nämlich die Komplexität des Gesamtsystems gegenüber batterieelektrischen Fahrzeugen. Das hat die oben genannten Verluste zur Folge und erhöht den Wartungsbedarf der Fahrzeuge deutlich.

Well-To-Wheel-Prozesse FCEV vs. BEV (vereinfacht).
Quelle: offensichtlich selbst gezeichnet 😉
Effizienz von PKW-Antriebstechnologien basierend auf Strom aus erneuerbaren Quellen.
Quelle: transportenvironment.org, 2021
Wasserstofftankstellen in Österreich (grüne Punkte), Stand 28.11.2020.
Quelle: h2.live

Dass das Tankstellennetz so grobmaschig ist, hat vermutlich unter anderem die Gründe, dass Wasserstoff äußerst flüchtig und daher schwer zu transportieren und zu lagern ist, was Tankstellen sehr teuer macht und dass aufgrund sicherheitstechnischer Bestimmungen gewisse Sicherheitsabstände um derartige Anlagen eingehalten werden müssen.

Hier zum Vergleich eine Karte der Schnellladesäulen in Österreich mit 75kW oder mehr.

Schnelllader mit mindestens 75kW, Stand 28.11.2020.
Quelle: chargeprice.app

Selten beachtet wird außerdem, dass ein Brennstoffzellenfahrzeug einen ähnlich großen CO2-Rucksack mitbringt wie ein reines Elektroauto. Die Gründe dafür sind einerseits die Herstellung der Brennstoffzelle aber vor allem auch die Tanks, wofür große Mengen Kohlefaser benötigt werden.

Quellen:

„Mit synthetischen Kraftstoffen können auch Verbrenner CO2-neutral fahren!“

Richtig. Deshalb sind systhetische Kraftstoffe (e-Fuels, SynFuels) auch ein extrem wichtiger Baustein in der Verkehrswende, um den Bestand an Verbrennungsmotoren noch länger nutzen und dekarbonisieren zu können. Außerdem gibt es Anwendungen, wo eine direkte Elektrifizierung noch nicht möglich ist, wie beispielsweise der Flugverkehr. Auch für Motorräder halte ich synthetische Kraftstoffe für sehr wichtig, da hierbei eine Elektrifizierung oft nicht praktikabel ist.

Was jedoch meist Schwachsinn wäre, ist neue Verbrenner-PKW zu bauen, die genausogut batterieelektrisch sein könnten, und diese dann mit SynFuels zu betreiben. Erstens wird für die Herstellung und den Transport der Kraftstoffe ein Vielfaches des Stroms benötigt, den ein Elektrofahrzeug für dieselbe Strecke benötigt, zweitens werden synthetische Kraftstoffe mit mehreren Euro pro Liter sehr teuer sein. Und nicht zuletzt sollte jeder, der meint, dass er eher einen Verbrenner als ein Elektroauto fahren will, dringendst einmal eine Probefahrt mit einem Elektroauto machen!

Worüber man eher sprechen sollte

Effizienz

Ganz generell sollten wir uns die Frage stellen, wie viel Energie für das Erreichen eines bestimmten Ziels insgesamt aufgewendet werden muss und welche Verluste wir am Weg dahin in Kauf nehmen. Ohne viele Worte darauf zu verwenden möchte ich als Denkanstoß auf die mit Abstand interessanteste Grafik verweisen, die mir je untergekommen ist:

World Energy Flow in 2007
Quelle: flowcharts.llnl.gov

Quellen:

Diversität

Die Zukunft wird ein breites Angebot unterschiedlichster Technologien bereithalten. Wir werden noch lange Verbrenner nutzen, auch ich werde wahrscheinlich immer mit Leidenschaft meinen Jeep oder ein Motorrad oder eine Badewanne mit Verbrennungsmotor fahren. Nur eben als Hobby und nicht im Alltag. Wir werden e-Fuels nutzen und wasserstoffelektrische Fahrzeuge bauen. Wir werden Hybride einsetzen und haufenweise neue Batterietechnologien sehen. Es werden weitere Effizienzsteigerungen in vielen Bereichen möglich sein, die wir heute für unvorstellbar halten. Es wird Verkehrskonzepte geben, die den Besitz von PKW für viele unrentabel machen, auch wenn das heute eigentlich schon der Fall ist. Ich finde, jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt, Vorurteile gegenüber bestimmten Fahrzeugherstellern neu zu überdenken. Motorentechnisches Know-How wird schon sehr bald im PKW-Bereich wenig bis keine Relevanz mehr haben. Chemie, Software und Infrastruktur sind die neuen entscheidenden Felder. Alteingesessene Fahrzeughersteller werden sich den Markt mit jungen Mitspielern aus China teilen müssen und jeder Konsument wird davon profitieren können.

Zeit, die wir nicht haben

Wobei – eigentlich ist ja eh alles egal, weil die Sonne wird sterben und sich zuvor so weit ausdehnen, bis sie unseren Planeten und auch den Rest unseres Sonnensystems verschluckt hat. Oder die Menschheit fällt einem anderen nicht unwahrscheinlichen Massenaussterben zum Opfer.

Etwas weniger weit in die Zukunft gedacht, stehen wir vor dem Problem, so schnell es geht jeden unnötigen Ausstoß von CO2 und jede Verschwendung von Energie und Ressourcen einstellen zu müssen. Die Zeit, um uns die perfekte Lösung dafür auszudenken, haben wir bereits verstreichen lassen. Jetzt müssen wir uns mit dem zufrieden geben, was da ist beziehungsweise alle Möglichkeiten dankend in Anspruch nehmen, die wir nur kriegen. Und was die persönliche Mobilität angeht ist das im Jahr 2020 nun einmal ein batterieelektrischer PKW mit Lithium-Batterie. Das ist es, was wir jetzt fahren können, um uns damit ein bisschen Zeit zu erkaufen, noch bessere Wege zu finden. Ideen, wie es besser gehen könnte gibt es genug. Einige davon werden sich sicher bald durchsetzen. Nur ist eben keine davon im Oktober 2020 bestellbar und im Alltag einsetzbar.

Quellen:

In den nächsten Beiträgen werde ich die praktische Vorbereitung auf ein Elektrofahrzeug behandeln und ein paar grundlegende Dinge zum Laden und zur Technik von Elektroautos im Allgemeinen erklären.


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