Elektroauto – Vorbereitung auf das Laden und Fahren

Lesezeit: 9 Minuten

Nachdem ich im letzten Beitrag die technischen Grundlagen erklärt habe, will ich hier die Anwendung dieser ausführen und über meine Vorbereitungen auf den Alltag mit einem Elektroauto berichten.

Hier eine Übersicht aller meiner Artikel zum Thema Elektromobilität.

Hinweis: Zum Veröffentlichungszeitpunkt dieses Beitrags habe ich noch keine Praxiserfahrung mit einem Elektroauto gesammelt, daher beruht mein Wissen zu diesem Zeitpunkt auf umfangreicher Recherche und Informationen von E-Auto-fahrenden.

Inhalt


Das persönliche Nutzungs- und Ladeverhalten

Im Groben sollte man sich natürlich schon bei der Auswahl eines Autos Gedanken darüber machen, wie man es in den folgenden Jahren einzusetzen plant. Falls man schon einen PKW besitzt, kann man das aus dem aktuellen Nutzungsverhalten gut ableiten. An dieser Stelle sollte man aber aufpassen, nicht von dem auszugehen, wie man das bisherige Fahrzeug genutzt haben könnte, sondern wie man es tatsächlich genutzt hat. Wie im ersten Beitrag schon erwähnt, fährt man in Österreich durchschnittlich 45,5km pro Tag und auf die meisten von uns wird das naturgemäß eher zutreffen, als man vielleicht denken würde.

Der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier, daher macht er gerne regelmäßig dasselbe. In unserem Fall habe ich vier verschiedene Streckentypen und die Häufigkeit, mit der diese pro Jahr gefahren werden ermittelt. In Summe ergibt das 29.000km, was sich mit der Kilometerleistung unserer Autos in den vergangenen Jahren deckt.

StreckentypLängeHäufigkeit
Arbeitsweg oder sonstige Kurzstrecken
bzw. Rückweg
8 km500
Heimfahrt Wien-Mariazellerland oder
kurze Dienstfahrten bzw. Rückweg
130 km90
Ausflugsfahrten oder längere
Dienstfahrten bzw. Rückweg
350 km18
Urlaubsfahrten bzw. Rückweg3500 km2

Stammlademöglichkeiten

Nachdem wir Homo Sapiens oft dasselbe tun, empfiehlt es sich, für die häufigsten Fahrszenarien auch passende Ladeszenarien zu entwickeln und diese auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen. Auch wenn es in der Realität dann anders kommen mag, hat man wenigstens einen guten Ausweichplan parat.

Es wird bei der Betrachtung meiner vier Standard-Streckentypen schnell deutlich, dass für die allermeisten Wege eine langsame Ladung an einer Schuko-Steckdose (15km pro Stunde) völlig ausreichen würde und die längeren Strecken lang genug sind, um mit Schnellladern (ca. 650km pro Stunde bei 100kW) entlang der Strecke problemlos auskommen zu können.

Für mich bedeutet das konkret:

  • Arbeitsweg: Laden in der Firmengarage (Schuko) oder 1x pro Woche für eine gute Stunde an eine Wien Energie-Ladesäule stellen, um den Strombedarf für den Arbeitsweg zu decken.
  • Heimfahrten: 1x über Nacht an eine Wien Energie-Ladesäule stellen oder daheim für vier Stunden an der Starkstromsteckdose laden.
  • Längere Strecken: Über Nacht an einer Wien Energie-Ladesäule vollladen, an Schnellladern entlang der Autobahnen kurz nachladen und/oder langsam laden bei Aufenthalt am Zielort (Hotel).

Ladeverhalten des Autos

Das Ladeverhalten von Autos ist von Modell zu Modell unterschiedlich und hängt sehr stark von der Temperatur der Batterie ab. Generell kann man aber festhalten, dass sich größere Batterien mit höherer Leistung laden lassen als kleinere, dass sich eine leere Batterie schneller laden lässt als eine, die fast voll ist und dass sich eine warme Batterie schneller laden lässt als eine kalte.

Das Verhältnis aus maximaler Ladegeschwindigkeit und Ladezustand wird in Ladekurven dargestellt. Hier ein paar grobe Beispiele:

Was die Ladegeschwindigkeit in Abhängigkeit der Batterietemperatur angeht, so ist das Maximum zwischen 20°C und 50°C möglich. Unter 0°C Batterietemperatur lassen sich Lithium-Batterien meist garnicht laden, daher können viele Fahrzeuge die Batterien heizen. Bei sehr niedrigen Zelltemperaturen kann die Ladeleistung in den einstelligen kW-Bereich fallen. Das ist beim Laden mit Wechselstrom (AC) kein großes Problem, kann aber beim DC-Laden die Ladezeiten deutlich erhöhen.

Tesla hat dagegen bereits Abhilfe geschaffen: Navigiert man mit seinem Auto zu einem der Tesla-eignen Supercharger, so beginnt das Fahrzeug rechtzeitig vor Ankunft, die Batterie aufzuwärmen, um die maximale Ladeleistung abrufen zu können. Gerade dafür macht die im Model Y und im 2021er Model 3 verbaute Wärmepumpe sehr viel Sinn.

Routenplanung

All die genannten Eigenheiten haben keinerlei wesentlichen Einfluss auf die paar Kilometer, die man üblicherweise pro Tag zurücklegt. Will man aber Fahrten unternehmen, die in ihrer Länge die Reichweite des eignen Fahrzeugs überschreiten und man somit Zwischendurch nachladen muss, sollte man sich ein paar Gedanken zur Routenplanung machen. Generell kann man an den Ladekurven erkennen, dass es besser ist, mehrere kürzere Stopps zu machen und nur bis höchstens 80% zu laden als wenigere längere, in denen man versucht, die Batterie auf 100% zu laden. Vor allem zu Beginn ist es wohl am einfachsten, die Routenplanung einer App wie beispielsweise A Better Routeplanner zu überlassen. Angenommen, ich wollte dienstlich von Wien nach Salzburg und wieder retour fahren, wäre eine Ladung in Salzburg von 26% auf 79% ausreichend, die 23 Minuten dauern und 4,08€ kosten würde:

Quelle: abetterrouteplanner.com

Sollte man unterwegs einmal Pause machen, könnte man natürlich diese Zeit ebenfalls nutzen, um ein paar Minuten zu laden. Schnelllader gibt es entlange der Strecke jedenfalls genug.

Ladekarten

Damit man an einer Ladesäule überhaupt Strom bekommt, braucht man eine Ladekarte bzw. eine entsprechende App (im folgenden auch als Ladekarte bezeichnet). Ausnahmen stellen Tesla Supercharger, Gratis-Ladesäulen und ein paar einzelne Säulen dar, bei denen man mit Kreditkarte bezahlen kann. Letzteres nennt sich ad-hoc-Laden und ist meistens empfindlich teurer als mit Ladekarten.

CPO und EMP

Es ist gut zu wissen, dass bei einem gewöhnlichen Ladevorgang drei Akteure relevant sind: Der Charge Point Operator (CPO), der E-Mobility Provider (EMP) und der Stromlieferant wobei letzteres für den Kunden weniger relevant ist.

Der CPO errichtet und betreibt die Ladesäule und klebt üblicherweise sein Logo drauf. In Österreich wären das zum Beispiel Firmen wie Smatrics, Wien Energie, ELLA oder Ionity.

Der EMP gibt die Ladekarten aus, wobei manche CPO auch als EMP auftreten und selbst Ladekarten anbieten wie zum Beispiel Smatrics, Wien Energie oder ELLA. Ionity hingegen ist ein reiner CPO.

Meistens kann man sich mit den Ladekarten verschiedenster EMP an einer Säule anmelden. EMPs und damit auch Tarife gibt es aber wie Sand am Meer, daher ist dieser Markt leider noch äußerst kompliziert und intransparent. Mithilfe von chargeprice.app habe ich für uns acht EMPs für sinnvoll befunden und entsprechende Ladekarten bestellt bzw. Apps installiert:

  • Wien Energie TANKE
  • Salzburg AG Stromladen
  • NewMotion/Shell Recharge
  • evway
  • EMC Ladekarte (beinhaltet Linz AG, ella und da-emobil)

Letztere ist eigentlich eine Mitgliedskarte des Elektromobilitätsclub Österreich, wofür jährlich 40€ fällig sind. Nach Erhalt der physischen Karte kann man diese dann per Online-Formular bei den eigentlichen EMP registrieren. Laut Website stehen verschiedene zur Verfügung die für jeweils unterschiedliche Ladenetzwerke (CPO) gelten. Man sollte sich zumindest bei den ersten drei registrieren. Besser noch bei allen, dann kann es nicht passieren, dass man an einer Säule steht und die Karte dort nicht akzeptiert wird.

Registrierung

Die Registrierung läuft bei jedem EMP etwas anders ab. Meist meldet man sich online an, hinterlegt eine Bankverbindung für die Abbuchung und bekommt dann die physische Karte per Post. Manchmal reicht die Registrierung in der App, die dann als Ladekarte fungiert, manchmal muss man auch erst Guthaben aufladen, im Fall des italienischen EMP evway in Form von Marienkäfern.

Abrechnung und Preise

Wie oben schon erwähnt, ist das Ganze etwas undurchsichtig. Hinzu kommt, dass nicht einmal immer in derselben Einheit abgerechnet wird.

Abrechnung

In Deutschland wird der geladene Strom, wie in den meisten Ländern, pro Kilowattstunde abgerechnet. Dazu befindet sich ein eichrechtskonformer Stromzähler in den Ladesäulen. Nach österreichischem Eichrecht hingegen darf der über eine Ladesäule bezogene Strom aber nur nach Minuten, nicht aber nach kWh abgerechnet werden. Wer sich jetzt noch an meine letzten beiden Beiträge erinnert, der weiß, dass Autos ganz unterschiedliche Ladeleistungen haben können, was dazu führt, dass langsam ladende PKW für dieselbe Menge Strom oft ein Vielfaches davon bezahlen müssen, was schneller ladenden PKW verrechnet wird. Besonders nachteilig ist das beim AC-Laden. Beim DC-Laden sind die Preise meist halbwegs fair nach Leistung gestaffelt.

Bei dem unter Punkt Routenplanung genannten Beispiel der Ladesäule in Salzburg kann man mit schnell ladenden Autos wie einem Model 3 dafür einen extrem günstigen Preis bekommen, da ein EMP (die Salzburg AG, die hier auch CPO ist) einen Tarif von 11€/Stunde für alle Ladungen über 22kW anbietet. Auf die kWh umgerechnet wären das in dem Beispiel 0,09€/kWh. Zum Vergleich: Haushaltsstrom (Öko) kostet in Österreich derzeit ca. 0,19€/kWh.

Bedenkt man das im Hinblick auf die Auswirkungen, die niedrige Temperaturen auf die Ladeleistung haben, kann man die Ladesäule so wählen, dass man immer einen vertretbaren Preis zahlt. Kommt man also zum Beispiel bei -10°C an zwei DC-Lader, wovon der eine 50kW und der andere 300kW bietet und der EMP die Minutenpreise auch dementsprechend staffelt, kann es Sinn machen, den 50kW-Lader zu wählen, obwohl das eigene Auto (bei Sommertemperaturen) mit 250kW laden könnte.

Das Portal chargeprice.app zeigt übrigens auch den errechneten kWh-Preis an, selbst wenn der EMP in Minuten abrechnet, was den Vergleich erheblich erleichtert.

Aus irgendwelchen Gründen hat es Tesla aber wieder einmal geschafft und verrechnet auch an österreichischen Superchargern derzeit 0,32€/kWh.

Preise und Kosten

Dieser Abschnitt wurde am 2.3.2022 mit neuen Zahlen aktualisiert!

Für den folgenden Abschnitt gehe ich der Einfachheit halber von einer Abrechnung in kWh aus.

Oft wird behauptet, dass Elektroautos im Verbrauch sogar teurer wären als Verbrenner und tatsächlich kann einem das bei sehr schlechter Planung passieren. Doch zuerst müssen die Treibstoffkosten für einen Verbrenner definiert werden:

Laut statista.de beträgt der durchschnittliche Realverbrauch aller Diesel-PKW, die im Jahr 2018 in Deutschland zugelassen waren (nicht nur die Neuzulassungen) 7,4l/100km. Ich gehe davon aus, dass man das auch für Österreich annehmen kann. Als Preis für einen Liter Diesel nehmen ich 1,40€ an. Hundert Kilometer kosten also im Durchschnitt 10,36€.

Ein modernes Mittelklasse-Elektroauto verbraucht rund 20kWh/100km. Dazu muss man noch Ladeverluste von rund 10% addieren und erhält einen Verbrauch von 22kWh/100km. Daraus ergibt sich eine Grenze bei 0,47€/kWh: Sobald der Ladestrom mehr als 0,47€/kWh kostet, ist ein Elektroauto teurer als ein durchschnittlicher Diesel was den reinen Treibstoffaufwand angeht. Die niedrigeren Wartungs- und Versicherungskosten werden hierbei vernachlässigt. Das sollte man bei der Auswahl der EMP auf jeden Fall bedenken.

Beispiel

Dieser Abschnitt wurde am 2.3.2022 mit neuen Zahlen aktualisiert!

Um abschließend auf meine angenommene Fahrt von Wien nach Salzburg und retour zurückzukommen, so lassen sich die Kosten dafür folgendermaßen berechnen.

Ich gehe davon aus, vollgeladen loszufahren und das Auto dafür vorher über Nacht an einer Ladesäule der Wien Energie aufzuladen. dafür bietet sich der äußerst attraktive Nachttarif an, der 0,70€ pro Stunde zwischen 22:00 Uhr und 8:00 Uhr beträgt. Es zählt dabei nur die Zeit, in der das Auto angeschlossen ist, die geladene Strommenge ist irrelevant. Ich schließe das Auto also um, sagen wir, 23:00 Uhr an und fahre um 6:00 Uhr weg, um zu meinem fiktiven Termin um 9:30 Uhr in Salzburg zu sein. Die sieben Stunden reichen locker, um das Auto vollzuladen und kosten mich 4,90€. Addiert man die 4,08€ für die Schnellladung in Salzburg, so muss ich für die Fahrt von 587km 8,98€ bezahlen. Wäre ich mit einem Durchschnittlichen Diesel gefahren, hätte sie mich rund 61€ gekostet. Wäre ich mit einem modernen Diesel mit einem Realverbrauch von 5,5l gefahren, hätte ich noch immer gut 45€ bezahlen müssen.


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