Elektroauto – Praxiserfahrungen nach 10.000km

Lesezeit: 18 Minuten

Am 17.12.2020 war es so weit und wir haben unser Tesla Model 3 LR abgeholt. Auf den Tag genau vier Monate später haben wir die 10.000km-Marke überschritten und im folgenden Beitrag möchte ich unsere Erfahrungen und ein paar Zahlen teilen.

Hier eine Übersicht aller meiner Artikel zum Thema Elektromobilität.

Inhalt

Abholung bei Tesla

Die Organisation und der Ablauf der Abholung sind tadellos verlaufen. Man wird telefonisch über alles nötige informiert, findet sich mit Kennzeichen, Zulassungsscheinen, Typenschein und Leasingunterlagen zum vereinbarten Zeitpunkt im Delivery Center ein, hat dann Zeit, das Auto zu begutachten, unterschreibt und das wars dann im Prinzip auch schon.

Dass Tesla bis dato nicht für seine Verarbeitungsqualität und Qualitätssicherung berühmt ist, hat wohl jeder schon irgendwo gehört. Zwischen den ersten Autos im Jahr 2013 und Ende 2020 ist es immer besser geworden, auf eine Kontrolle bei der Übernahme würde ich trotzdem nicht verzichten. Ich habe mich vorab darüber informiert, worauf man achten sollte und auch ein paar Mängel gefunden:

  • Lackfehler (ca. 0,5mm²) an einer Ecke der Stoßstange
  • Kleberreste an einem Rücklicht
  • Spaltmaß an der Heckklappe zu gering
  • Verschmutzung an der Kante eines Kotflügels
  • Lackschaden (ca. 2mm²) an der A-Säule

Ein Mitarbeiter hat die Mängel aufgenommen und alle bis auf den letzten wurden umgehend innerhalb weniger Minuten behoben. Der Schaden an der A-Säule (vermutlich Steinschlag vom Transport per LKW) wurde später durch eine Partnerwerkstätte von Tesla behoben, indem die komplette A-Säule neu lackiert wurde.

Fahren

Müsste ich ein einziges Adjektiv wählen, würde ich das Fahrgefühl eines Elektroautos als unbeschwert bezeichnen. Verbrenner wirken dagegen immer irgendwie angestrengt und machen meist „viel Lärm um nichts“. Eine Betätigung des Gaspedals fühlt sich beim Erdölauto eher wie eine unverbindliche Empfehlung an das Auto an, der es eventuell irgendwann zögerlich Folge leistet. Bei einem Elektroauto ist das völlig anders. Jede Betätigung des Fahrpedals hat eine unverzügliche und direkte Reaktion des Autos zur Folge. Und das ohne jegliche aufdringliche Geräuschkulisse.

Trotzdem hat für mich das Fahren eines Verbrenners mit Schaltgetriebe nach wie vor viel Charme und macht auch Spaß. Vergleichbar mit dem Fotografieren mit einer analogen, manuellen Kamera oder dem Tippen auf einer Schreibmaschine.

One-Pedal-Driving

Tatsächlich braucht man das Bremspedal bei einem Tesla fast nur, um das Fahrzeug einzuschalten. Beim Fahren kommt man meist vollständig mit dem Gaspedal – oder Fahrpedal, oder Strompedal, oder Elektronenpedal… – aus. Will man bremsen, geht man einfach etwas vom Gas. Will man anhalten, nimmt man den Fuß ganz vom Pedal und sobald man steht, wird das Auto automatisch von der hydraulischen Bremse gehalten. Gerade im Stop-and-Go-Verkehr ist das eine regelrechte Wohltat. Auch viele Elektrofahrzeuge anderer Hersteller beherrschen One-Pedal-Driving im weiteren Sinne, jedoch nur sehr wenige Autos können mittels Rekuperation bis zum Stillstand bremsen, darunter den Honda e und der Nissan Leaf. Die Rekuperationsleistung (max. 85kW) des Model 3 ist im Vergleich zu vielen aktuellen PKW relativ gering, ermöglicht aber auch bei höheren Geschwindigkeiten noch eine brauchbare Verzögerung. Bei unerwarteten Bremsungen kann es hingegen schon vorkommen, dass man die konventionellen Bremsen braucht, was aber für deren Haltbarkeit garnicht so schlecht ist.

Regensensor

Bei den Scheibenwischern wird deutlich, dass das Auto im sonnigen Kalifornien entwickelt wurde. Der Automatikmodus funktioniert tagsüber recht gut, nachts kann man ihn komplett vergessen und man benutzt am besten die Sprachsteuerung zur manuellen Einstellung der Geschwindigkeit. Der Grund dafür dürfte sein, dass kein dedizierter Regensensor verbaut ist und die Software somit nur die Bilder der Kameras zur Verfügung hat, um Regen zu erkennen. Bleibt zu hoffen, dass hier mit zukünftigen Updates nachgebessert wird.

Licht

Die Hauptscheinwerfer sind gut, auch wenn ich eine Reinigungsanlage etwas vermisse. Die Nebelscheinwerfer sind hingegen exzellent und allen mir bekannten Autos überlegen.

Das Model 3 hat eine Abblendautomatik, die aber nicht mit einer Fernlichtautomatik verwechselt werden sollte. Das bedeutet, dass man manuell das Fernlicht einschalten muss, und, sobald jemand entgegenkommt, automatisch abgeblendet wird. Das bedeutet aber auch, dass man z.B. an Ortseinfahrten das Fernlicht manuell wieder ausschalten muss.

Allradantrieb und Fahrverhalten

Das Model 3 Long Range hat zwei separate Motoren, einen pro Achse. Beim Fahren setzt das Auto primär den hinteren, effizienteren Permanentmagnetmotor ein. Sobald aber an der Hinterachse Schlupf erkannt wird, wird der vordere Asynchronmotor zugeschaltet. Das gilt sowohl für das Beschleunigen als auch für das Verzögern mittels Rekuperation. Auch bei Schneefahrbahn funktioniert das System allgemein sehr gut, die Traktionskontrolle arbeitet hervorragend, um immer maximalen Vortrieb zu gewährleisten, wenn man beschleunigen möchte. Sobald man aber mit konstantem Tempo eine Steigung hochfährt, merkt man, wie das Auto immer wieder versucht, den vorderen Motor wegzulassen, dadurch Schlupf an der Hinterachse entsteht und der vordere Motor wieder zugeschaltet werden muss. Dementsprechend verhält es sich auch, wenn man auf rutschigem Untergrund per Rekuperation bremst: Man geht vom Gas, das Heck wird für einen Sekundenbruchteil instabil, der vordere Motor beginnt zu rekuperieren und das Fahrzeug wird wieder stabil. Für mich ist dieses Verhalten in Ordnung, trotzdem wäre so etwas wie ein „Snow Mode“, wo immer beide Motoren benutzt werden, vielleicht eine Überlegung wert. Generell aber fühlt sich das Model 3 auch bei sehr winterlichen Verhältnissen sicher an, dank der gleichmäßigen Gewichtsverteilung tendiert es nicht dazu, sich einzudrehen, wobei man in Kurven doch das relativ hohe Gewicht bedenken sollte.

Bedienung, Innenraum und sonstiges

Das einzelne zentrale Display und die Abwesenheit von fast allen üblichen Tasten und Instrumenten ist eine vieldiskutierte Eigenschaft des Model 3. Ich persönlich finde das minimalistische Cockpit sehr angenehm und konnte noch keine Einschränkungen gegenüber anderen Autos feststellen. Das Fehlen einer Tachoeinheit hinter dem Lenkrad erfordert natürlich etwas Umgewöhnung, hat aber den Vorteil, dass man das Lenkrad perfekt auf die eigene Sitzposition einstellen kann, ohne dabei auf die Sichtbarkeit der Instrumente Rücksicht nehmen zu müssen.

Bei vielen Testberichten in den Medien wird kritisiert, dass wichtige Funktionen in Untermenüs versteckt wären und der Bedienkomfort und die Sicherheit darunter leiden würden. Oft ist das aber auf Unwissenheit der Testfahrer:innen zurückzuführen, da die fraglichen Funktionen gut über die Sprachsteuerung zu bedienen sind.

Das Navigationssystem basiert auf Google Maps und TomTom und funktioniert dementsprechend sehr gut. Schön, dass Tesla hierbei eingesehen hat, dass eine Eigenentwicklung derzeit qualitativ nicht einmal ansatzweise an Google/TomTom herankommen kann. Leider kann man das sonst von fast keinem PKW-Hersteller behaupten.

Das Entertainment-System hat einen tollen Funktionsumfang und unterstützt unter anderem Netflix, YouTube, Spotify und TuneIn. Netflix und YouTube sind im Prinzip eine eingebettete Web-Versionen und relativ träge in der Bedienung. Bei YouTube kann man sich nicht einloggen, was daran liegt, dass Google die Anmeldung in eingebetteten Browsern nicht zulässt. Daher kann man nicht auf sein Profil zugreifen und muss auch Werbung ertragen. Spotify ist mit seinen Grundfunktionen zwar sehr gut in die normale Musik-Bedienoberfläche integriert, manche Features fehlen aber. Alle der genannten Probleme könnte man lösen, wenn Tesla eine Art App Store anbieten würde und die Plattformbetreiber dafür native Apps schreiben könnten. Ein App Store ist zwar immer wieder Gegenstand diverser Gerüchte, konkrete Pläne gibt es aber offiziell noch keine. Neben den Streaming-Angeboten gibt es auch Spiele, von denen manche auch während der Fahrt dem Beifahrer zur Verfügung stehen.

Seit kurzem werden alle Model 3 mit Lenkreadheizung ausgeliefert, in unserem ist aber leider noch keine verbaut. Angeblich wird es aber zukünftig die Möglichkeit einer Nachrüstung geben.

Die vorderen Sitze sind hervorragend geformt und sehr bequem. Die Rückbank bietet auch großen Menschen genug Beinfreiheit. Nachdem die im Boden verbaute Batterie aber keine Aussparungen für die Füße hat, stehen die Füße höher als üblich wodurch eine gute Oberschenkelauflage fehlt und man hinten auf längeren Fahrten wohl nicht so bequem sitzt.

Durch die intelligente Konstruktion des Fahrzeugs hat man trotz Allradantrieb überraschend viel Stauraum zur Verfügung, wie man ihn bei anderen Autos meist erst eine Klasse höher findet.

Der vordere Kofferraum (Frunk) ist etwas, worauf ich nur mehr sehr ungern verzichten wollte. Er bietet den perfekten Stauraum für Typ-2-Kabel, Juice Booster, Scheibenwaschmittel, gekühlten Einkauf usw.. Gerade im Winter hat man so kein Problem mit schmutzigen Ladekabeln. Das mitgelieferte Typ-2-Kabel ist übrigens 4m lang. Wer oft öffenliche Ladesäulen wie z.B. in Wien nutzt, sollte über die Anschaffung eines längeren Kabels nachdenken, da man mit dem beiligenden kurzen Kabel nur den vorderen der jeweils zwei Ladepunkte nutzen kann, solange man in Fahrtrichtung parkt.

Das fehlende Motorgeräusch war eigentlich der einzige „Kritikpunkt“ an Elektroautos, den ich vor dem Umstieg nicht ernst genommen habe. In der Praxis zeigt sich aber, dass man bei langsamer Fahrt sehrwohl aufmerksamer gegenüber der Umgebung sein sollte und dass ein AVAS, also ein künstliches Fahrgeräusch, bei niedrigen Geschwindigkeiten durchaus Sinn mach. Unser Model 3 hat das noch nicht, manchmal würde ich mir aber wünschen, es zumindest bei Bedarf einschalten zu können. Hierzu sei aber gasagt, dass manch moderner Benziner bei Schrittgeschwindigkeit auch kaum Fahrgeräusche macht und vielleicht auch hier ein AVAS nicht ganz verkehrt gewesen wäre.

Strom

Verbrauch

Die Grafik stellt die umgesetzten Energiemengen über 10.000km dar. 2.488kWh wurden insgesamt aus dem Stromnetz bezogen, beim Laden sind davon 8,5% verloren gegangen. Im Akku sind also 2.278kWh angekommen. Es wurden 2.294kWh zum Fahren, Heizen, Kühlen usw. genutzt und davon 382kWh (16,5%) durch Rekuperation wieder zurückgewonnen. 164kWh wurden im Stillstand verbraucht, also beispielsweise zum Vorwärmen des Innenraums und zum Abtauen der Scheiben vor Fahrtbeginn. Die verbleibenden 202kWh entfallen auf die Verluste während des Betriebs, die Konditionierung der Batterie während des Schnelladens und die Selbstentladung des Akkus.

Die vom Netz bezogene Energie wurden meistens den Ladesäulen oder -Apps entnommen und teilweise hochgerechnet. Die restlichen hier dargestellten Werte wurden mit der App Scan My Tesla direkt vom Fahrzeug ausgelesen. Hier die verwendeten Parameter aus der App.

Von den 10.000km haben wir mit 4.960km fast genau die Hälfte auf Autobahnen zurückgelegt. Die Außentemperaturen waren über den betrachteten Zeitraum eher niedrig, hier der Verlauf für St. Pölten:

Quelle: meteoblue.com

Somit ergeben sich drei verschiedene Verbrauchswerte:

  • 19,1kWh/100km: Verbrauch für Fahren, Heizen, Kühlen und andere Zusatzverbraucher
  • 22,8kWh/100km: Gesamtverbrauch des Autos inkl. Betriebsverluste, Selbstentladung, Akkuheizung beim Schnellladen usw., jedoch exkl. Ladeverluste
  • 24,9kWh/100km: Gesamtverbrauch inkl. Ladeverluste

Die Werte erscheinen auf den ersten Blick hoch, in Anbetracht der niedrigen Durchschnittstemperatur von rund 5°C, des hohen Autobahnanteils von fast 50% und der vielen Schlechtwetterfahrten sind sie aber durchaus plausibel. Ich bin jedenfalls schon darauf gespannt, wie sie sich über die Sommermonate verändern werden. Ganz grob auf die alte Welt umgelegt entspricht dieser Verbrauch übrigens ca. 2,3l Diesel pro 100km.

Der Gesamtwirkungsgrad des Fahrzeugs (exkl. Ladeverluste) beträgt ca. 91%. Zum Vergleich: Bei einem Verbrenner-PKW liegt dieser Wert zwischen 5% und 45%.

Laden

Gleich in den ersten zwei Wochen waren wir aufgrund verschiedener Umstände mit den wohl ungünstigsten Bedingungen für den Betrieb eines Elektroautos konfrontiert: Temperaturen zwischen 3°C und -6°C, (noch) keine fixe Lademöglichkeit am Abstellort und kein Schnellader im Umkreis von 55km. Außerdem hatten wir viele Kurzstrecken zu absolvieren. Trotzdem war es möglich, mit zwei nächtlichen Ladungen an Schuko-Steckdosen (Kabel durchs Kellerfenster) und ein paar kurzen Ladungen, ebenfalls an Haushaltssteckdosen, während der ersten paar hundert Kilometer problemlos auszukommen. Schuko-Steckdosen sollten aber nicht als dauerhafte Lösung genutzt werden, da sie nicht für den Dauerbetrieb mit ihrem Nennstrom (meist 13A oder 16A) ausgelegt sind und speziell bei Kälte sind so langsame Ladungen sehr ineffizient (Video). Hat man einen festen Stellplatz zur Verfügung, ist die Installation einer Wallbox die beste Lösung. Ich habe bei meinem Elternhaus inzwischen eine Tesla-Wallbox montiert, dieses Thema werde ich aber in einem zukünftigen Beitrag gesondert behandeln.

Schon vor Übernahme des Autos habe ich mehrere Ladekarten bestellt, die mir für unsere üblichen Routen sinnvoll erschienen sind. Ich habe A Better Routeplanner und Chargeprice benutzt, um herauszufinden, welche Ladestationen an unseren üblichen Strecken liegen und welche Ladekarten dort am günstigsten sind. Um unser tatsächliches Ladeverhalten zu ermitteln, haben wir alle Ladungen festgehalten. Dazu haben wir manuelle Notizen, die Logging-Funktionalität von A Better Routeplanner und zuletzt auch Teslamate sowie die App Scan My Tesla mit einem passenden OBD-Dongle und Adapterkabel benutzt.

Alle paar Tage bekomme ich die Frage gestellt, wie lange das Vollladen denn dauern würde. Aus der Verbrenner-Perspektive mag diese Frage sinnvoll erscheinen, in der Praxis ist es aber die falsche Fragestellung.

Generell muss man Ladungen in zwei Kategorien aufteilen:

  • Ladungen, die in der Standzeit stattfinden
  • Ladungen, die in der Fahrzeit stattfinden

Im ersten Fall hat die Dauer keine Relevanz, da man Zeit zum Laden nutzt, in der das Auto ohnehin irgendwo parkt. Das kann sein, während man arbeitet, einkauft, die Eltern besucht oder schläft. Hier spielt auch die (AC-)Ladeleistung des Autos meist keine oder nur eine geringe Rolle.

Wenn man auf längeren Fahrten zwischendurch nachladen muss, hat die Dauer natürlich sehr wohl eine Relevanz und sollte möglichst kurz sein. Hier ist die DC-Ladeleistung des Autos von Bedeutung und oft der begrenzende Faktor. Wie oben schon erwähnt, waren wir viel auf Langstrecken unterwegs und haben auch viel unterwegs geladen. Der längste Ladevorgang hat dabei 28 Minuten gedauert, der kürzeste 8 Minuten. Im Mittel war die Ladedauer 13,5 Minuten. Erreicht haben wir das durch zwei simple Regeln: Möglichst leer an der Säule ankommen und höchstens bis 70% laden. Beides dient dazu, eine möglichst hohe durchschnittliche Ladegeschwindigkeit zu erzielen.

Im Vergleich mit einem Verbrenner muss man bedenken, dass bei diesem naturgemäß alle Tankvorgänge während der Fahrzeit stattfinden und die Standzeit immer ungenutzt bleibt.

Zu Beginn haben wir vor längeren Fahrten A Better Routeplanner befragt, wo wir in etwa laden werden müssen. So haben sich bald ein paar wenige Stammladestationen herauskristallisiert und eine Routenplanung ist inzwischen meistens nicht mehr notwendig.

Anstelle von „Wie lange dauert das Laden?“ sollte man besser die Frage stellen, die der YouTuber Bjørn Nyland regelmäßig für verschiedene Elektroautos beantwortet: Wie lange braucht man für 1000km? (Playlist) Hier die Ergebnisse seiner Testfahrten. Auch der P3 Charging Index ist ein sehr guter Anhaltspunkt für realistische Ladedauern.

Ladestationen und Ladekarten

Von den ins Auto geladenen 2.278kWh entfallen 1.042kWh oder 45,7% auf DC-Schnellladungen und 1.236kWh oder 54,3% auf AC-Ladungen. Oft hört man, dass DC-Ladungen generell schädlich für den Akku wären, belastbare Zahlen gibt es aber hierzu nicht. Mehr dazu unter dem Punkt Verschleiß.

Primär haben wir die Ladekarten von Shell Recharge, TANKE (Wien Energie) und die EMC-Karte benutzt, je nachdem, welche laut Chargeprice an der jeweiligen Ladestation am günstigsten war. Für Tesla Supercharger gibt es keine Karte, hier wird die Ladung automatisch abgerechnet, deshalb steht in der folgenden Grafik auch EMP statt Ladekarte. Dazu kam jeweils eine Ladung über Vattenfall und Salzburg AG. Ladungen an privaten Anschlüssen wurden in der Grafik nicht berücksichtigt.

Kosten

Insgesamt haben wir in den ersten 10.000km 203,62€ für Strom ausgegeben, im Schnitt also ca. 2€/100km.

Dazu muss man jedoch festhalten, dass die Ladungen am elterlichen Stromanschluss und in der Firmengarage nicht in die Berechnung einfließen (Danke Papa, danke Arbeitgeber!) und sämtliche Ladungen am Supercharger bisher vom Guthaben abgedeckt wurden, das wir durch die Nutzung eines Empfehlungslinks erhalten haben. Unser Empfehlungslink ist übrigens http://ts.la/michael47919 ;-).

Aus dem Gesamtstrombedarf von 2.488kWh (inkl. Ladeverlusten) kann man sich aber leicht die Kosten für 10.000km bei verschiedenen Ladeszenarien ausrechnen:

100% daheim (Ökostrom, 0,19€/kWh)473 €
100% Tesla Supercharger (0,30€/kWh)746 €
50% daheim, 50% Tesla Supercharger615 €
50% daheim, 50% Shell Recharge an da-emobil-Säulen (Asfinag) (~0,15€/kWh*)428 €
50% Wien Energie Nachttarif (~0,09€/kWh**), 50% Shell Recharge an da-emobil-Säulen (Asfinag)299 €
100% Wien Energie Nachttarif224 €
50% Wien Energie Nachttarif, 50% Tesla Supercharger485 €
Vergleichswert: Diesel (BMW 340d, 6,6l/100km, 1,20€/l)792 €
Vergleichswert: Benzin (BMW 340i, 8,3l/100km, 1,20€/l)996 €

*) Errechneter Wert bei Ladungen eines Tesla Model 3 von 10-80%, abgerechnet wird pro Minute und nicht pro kWh! **) Errechneter Wert bei einer Ladung von 22:00-08:00 Uhr, abgerechnet wird pro Minute und nicht pro kWh!

Auch wenn diese Kosten weitgehend deutlich günstiger sind als sie bei einem Verbrenner wären, hätte ich noch niedrigere Werte erwartet. Da aber recht hohe Verbrauchswerte (Winter, viel Autobahn) zugrunde liegen, ergibt das Ganze sehr wohl Sinn und wird sich über die Sommermonate wahrscheinlich verbessern.

Verschleiß

Hierzu lässt sich natürlich noch nicht viel sagen, zwei Punkte sind aber interessant.

Die Bremsen unterliegen keinem relevanten Verschleiß durch die Benutzung, da fast ausschließlich mittels Rekuperation gebremst wird. Umso eher sollte man darauf achten, ab und zu bewusst die Bremsen zu betätigen, damit die Scheiben nicht zu viel Rost ansetzen und die Bremssättel beweglich bleiben.

Die Batterie hat in unserem Fall bisher 35 volle Ladezyklen durchlaufen. Ein derartiger Akku ist dafür ausgelegt, nach ungefähr 2.000 Vollzyklen noch mindestens 80% seiner Kapazität aufzuweisen, was wir bei gleichbleibendem Verbrauch bei einem Kilometerstand von rund 570.000km erreichen würden.

Das Lade- und Entladeverhalten hat einen signifikanten Einfluss auf die Lebensdauer eines Lithium-Ionen-Akkus. Daher überwacht das Auto ständig den Akku und passt die maximale Lade- und Entladeleistung ständig an und sorgt dafür, dass sich die Zellen immer möglichst nahe an ihrer Wohlfühltemperatur befinden. Außerdem ist bei praktisch allen Elektroautos ein gewisser Kapazitätspuffer reserviert, der nicht benutzt werden kann und somit kann der Akku eigentlich garnicht komplett vollgeladen bzw. komplett entladen werden. Zeigt das Auto also 0% bzw. 100% an, sind es in Wahrheit eher 2,5% bzw. 97,5%. All diese Vorkehrungen gibt es bei Handy und Laptop nicht, weshalb hierbei die Akkus auch so schnell an Kapazität verlieren.

In der Praxis kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Man kann sich aber an ein paar Grundregeln orientieren, wenn man die Degradation minimal halten möchte:

  • Nur bei Bedarf (also vor langen Fahrten) auf 100% laden und das Auto dann nicht länger als 24h mit 100% stehen lassen (Gilt nicht für LFP-Akkus wie z.B. im neuen Model 3 SR+)
  • Das Auto nicht länger als 24h mit weniger als 10% stehen lassen, vor allem bei Kälte
  • An DC-Schnellladern nur bis max. 80% laden

CO2-Emissionen

Alle Ladungen haben bei Anbietern bzw. Personen stattgefunden, die zumindest angeben, Ökostrom zu beziehen. Ökostromverträge sind natürlich wichtig, ändern aber nur indirekt etwas am Strommix und an der tatsächlichen Herkunft des Stromes. Zur Ermittlung der CO2-Emissionen habe ich Werte vom Österreichischen Umweltbundesamt herangezogen und 258g/kWh angenommen. Daraus ergibt sich über 10.000km ein Ausstoß von 641kg CO2.

Um einen groben Vergleich zu einem modernen Diesel anstellen zu können, nehme ich den Normverbrauch (WLTP) eines BMW 340d von 6,6l/100km, eine spezifische CO2-Emission von 2,5kg/l und Vorkettenemissionen von 0,7kg/l an. Pro Kilometer verursacht der Diesel also ca. 211g CO2-Ausstoß, was auf 10.000km 2.110kg ergibt. Es resultiert somit eine CO2-Einsparung von 1469kg oder 70% gegenüber einem modernen Diesel mit halbwegs vergleichbaren Leistungsdaten.

Die Produktion eines Elektroautos mit 75kWh großem Akku verursacht mit 11,9t um ca. 3,9t mehr CO2 als die eines vergleichbaren Verbrenners. Somit haben wir nach nur 10.000km bereits 38% dieses „Rucksacks“ wettgemacht, werden bei ca. 27.000km den Break-Even-Point erreichen und ab dann in Summe weniger Kohlendioxid emittieren als ein Verbrenner.

Diese Berechnungen kannst du selbst für das Eigene Auto durchführen. Ich habe dazu hier die wichtigsten Zahlen mit den entsprechenden Quellen gesammelt. Den Break-Even-Point kann man zum Beispiel mit folgender Formel ermitteln:

Natürlich gibt es neben CO2 noch andere Emissionen zu berücksichtigen, deren Berechnung würde aber den Rahmen des Beitrags sprengen. Generell steigt das Elektroauto aber durchwegs besser oder gleichwertig aus.

Zusammenfassung

Zurückgelegte Strecke10.000 km
davon Autobahn4.960 km
Durchschnittstemperatur5 °C
Stromverbrauch inkl. Ladeverluste2.488 kWh
Anzahl voller Ladezyklen35
Durchschnittsverbrauch inkl. Ladeverluste24,9 kWh
Ladekosten203,62 €
Median Ladezeit auf der Langstrecke21 min
Verhältnis AC/DC-Ladungen54 % / 46 %
Meistgenutzte LadekartenShell Recharge
TANKE (Wien Energie)
EMC
CO2-Reduktion gegenüber Diesel im Fahrbetrieb (exkl. Produktion)70 %
Erwarteter CO2-Break-Even-Point gegenüber Diesel (inkl. Produktion) 27.000 km
Scheibenwischerzyklen23.800

Insgesamt empfinde ich durch den Umstieg auf ein elektrisches Alltagsauto einen massiven Komfortgewinn. Das Fahren ist um Größenordnungen entspannter, das Laden erfordert natürlich Umgewöhnung. Umständlicher als Tanken finde ich es aber definitiv nicht. Erwähnenswert sind für mich auch die vielen netten Menschen, mit denen man an Ladesäulen ins Gespräch kommt. Sowohl andere Elektromobilisten als auch interessierte Passanten.

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2 Replies to “Elektroauto – Praxiserfahrungen nach 10.000km”

  1. Den Punkt „Verbrauch“ habe ich ein paar Tage nach Veröffentlichung inhaltlich verändert, nachdem ich zuerst falsche Schlüsse aus meinen Daten gezogen habe. Ich habe aufgrund verschiedener Werte vermutet, dass der vom Auto angezeigte Verbrauch keine Zusatzverbräuche durch Heizung und Co. umfassen würde, was mir auch von mehreren Personen bestätigt wurde.
    Nachdem mir das aber unsinnig erschienen ist, habe ich aber zwei Testfahrten und eine Testladung vorgenommen und die Daten neu aufbereitet (Tabelle).
    Daraus ist eindeutig zu erkennen, dass die Verbrauchsanzeige die tatsächlich aus der Batterie entnommene Energie widerspiegelt, solange das Auto fährt. Verbräuche im Stand oder beim Laden werden nicht einberechnet.

  2. Manch Leser:in mag sich fragen, warum ich nicht auf den wohl meistdiskutierten Wert beim Thema Elektroauto, nämlich die Reichweite, eingegangen bin.
    Ganz einfach: Ich habe darauf vergessen.

    Seit wir unseren Tesla haben, habe ich mir nicht einen einzigen Gedanken über die maximale Reichweite gemacht. Auf kurzen Strecken ist die sie komplett irrelevant und auf langen Strecken mache ich sowieso gerne Pausen. Jetzt lädt das Auto eben währenddessen.

    Natürlich ist die Reichweite ein guter Wert, um eine Idee dafür zu bekommen, ob ein Auto zum eigenen Fahrprofil passt. Wenn man täglich 800km Autobahn fährt, ist ein Auto mit 200km Nennreichweite sicher nicht so optimal. Der, wie ich finde, viel bessere Indikator ist die 1000km-Zeit, die Bjørn Nyland regelmäßig in seinen 1000km-Challenges erhebt oder auch der P3 Charging Index.

    Abschließend für die, die es trotztdem wissen wollen: Aus dem oben genannten Durchschnittsverbrauch lässt sich für Winter und 50% Autobahn eine reale Reichweite von 395km errechnen. Im Somme wird dieser Wert wohl eher knapp 500km betragen. Fährt man sehr selten Autobahn, kommt man im Sommer vielleicht sogar auf 600km.

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