Entstehung einer PV-Anlage im Eigenbau

Lesezeit: 15 Minuten

Dieser Beitrag wird erweitert, sobald die Montage voranschreitet.
Status: Anlage ist fertig, Freigabe durch Netzbetreiber noch ausständig.

Inhalt

Planung

Nach einer Drohnenbefliegung und dem manuellen Ausmessen der Dachflächen habe ich in AutoCAD ein paar Varianten geplant, um herauszufinden, wie viele Module auf unser Dach passen und welche Maße diese am besten haben sollten. Eine Palette enthält üblicherweise 36 Module, weshalb das meine Zielvorgabe hinsichtlich der Anzahl war.

Unser Dach hat eine Südwest- und eine Nordost-Seite, wobei erstere natürlich die besseren Verhältnisse für eine PV-Anlage bietet. Diese Seite enthält aber auch drei Fenster und eine Gaube. Und auch diese Gaube wollte ich mit PV belegen, schon alleine deshalb, weil das vermutlich kein seriöses Unternehmen machen würde. Diese Entscheidung hat schlussendlich auch die Auswahl der Wechselrichter maßgeblich beeinflusst. Alle Module, die nicht auf die Südwestseite passten, sollten auf der Nordostseite Platz finden.
Auch wenn diese Verteilung unkonventionell ist, müsste sie sich nach meinen Berechnungen lohnen, da sie den Strom tendenziell dann Produziert, wenn er im Haus verbraucht oder zu einem guten Preis eingespeist werden kann.

Ich halte rein nach Süden ausgerichtete Anlagen in unseren Breiten für wenig zukunftsfähig, da sie, in den meisten Fällen, genau dann Strom produzieren, wenn man ihn am wenigsten braucht. Feste Einspeisetarife sind heute schon sehr niedrig und dynamische Tarife (Sowohl für Bezug als auch für Einspeisung) bilden den tatsächlichen Wert der elektrischen Energie gut ab. An einem sonnigen, kühlen Mittag ist der Strom oft am wenigsten wert. Solange man also keine Lasten hat, die die Energie dann aufnehmen können, finde ich eine Ost-West-Ausrichtung für wesentlich erstrebenswerter, selbst wenn der Ertrag in Summe niedriger sein sollte.

Das Ganze wird ein 14,4 kWp System mit Enphase Modulwechselrichtern.
Wechselrichter: Enphase IQ8MC
Module: Risen 400W (RSM40-8-400M)
Unterkonstruktion: SL Rack Alu XL, 40mm Schienen
Ausrichtung: 23 Module Südwest, 11 Module Nordost, 1 Modul Nordwest, 1 Modul Südost. 40° Neigung

Wieso Modulwechselrichter?

Verschattung

Ich wollte möglichst viele Module auf die südwestliche Dachfläche bekommen. Auch auf beide Seiten der Gaube. Außerdem ist, vor allem im Winter, der untere Teil des Daches von Bäumen verschattet. Damit waren reine Stringwechselrichter keine Option.
Die übliche Lösung hierfür wäre ein String-WR mit Optimierern (SolarEdge oder Huawei). Das sind DC-DC-Konverter, die an jedem Modul sitzen. Das Problem dabei ist die Effizienz. Die Optimierer brauchen Strom, und davon nicht zu knapp. Laut Studien kann dieser Verbrauch die Vorteile der Optimierer locker wieder auffressen. Man könnte zwar auch nur jene Module mit einem Optimierer versehen, die einer Verschattungsgefahr unterliegen, aber das machen die wenigsten Firmen, weil es schlicht zu aufwendig ist und mir erschien es auch als eine eher unsaubere Lösung.

Ausfallsicherheit

Bei Stringwechselrichtern bedeutet der Ausfall des WR einen kompletten Systemausfall. Mit Optimierern schafft man sich unter Umständen noch zusätzliche Fehlerquellen. Bei einem System mit Modulwechselrichtern ist hingegen jedes Modul weitgehend unabhängig vom Rest der Anlage. Natürlich kann auch das Gateway ausfallen, aber damit gehen nur die Monitoringfunktionen und ein eventuell konfiguriertes Einspeiselimit verloren. Die eigentliche Stromerzeugung läuft aber weiter.

Erweiterbarkeit

Will man beispielsweise die Anlage um ein paar Module am Dach, auf der Gartenhütte oder an einem Geländer erweitern, so kann man diese problemlos in die Bestandsanlage integrieren.
Außerdem reduzieren leichte Unterschiede zwischen den Modulen nicht die Performance der Gesamtanlage und im Fall eines defekten Moduls kann man dieses gegen irgend ein halbwegs ähnliches tauschen, ohne groß aufpassen zu müssen, dass es zum Gesamtsystem passt.

Daten

Der gemeine Nerd verlangt nach Daten! Allen Daten. Und mehr Daten, als wenn jedes Modul einen eigenen WR hat, bekommt man halt nicht. Das hat natürlich auch den praktischen Vorteil, dass man mögliche Schäden an einem Modul sofort mitbekommt.

Und zu guter Letzt ist es eine (in Europa) eher unkonventionelle Lösung, was mich magisch anzuziehen scheint. In den USA dagegen (wo Enphase herkommt) wird viel mehr mit Modul-WR gearbeitet.

Systemaufbau

Beim Enphase-System werden die Komponenten, die sonst in einem Gehäuse zusammengefasst sind, auf separate Geräte aufgeteilt: Die Wechselrichter, die Q-Relays als Netztrennvorrichtung und das IQ-Gateway als Hirn des Systems und als Messgerät für Last und Erzeugung. Die Wechselrichter werden von einem IQ-Cable miteinander verbunden. Alle Enphase-Komponenten kommunizieren dabei mittels Powerline Communication über die Stromkabel mit dem Gateway.

Bei einem dreiphasigen System darf man bis zu 33 IQ8MC an einem Sicherungsautomaten betreiben. Ich habe daher zwei Q-Relays mit jeweils einem B16-Leitungsschutzschalter für meine 36 Wechselrichter vorgesehen.

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Errichtung

Dachhaken

Bei Ziegeldächern werden Aluminiumhaken an die Sparren unterhalb der Ziegel geschraubt und ragen dann unter den Ziegeln hervor. Werden diese Haken dann belastet, können sie sich ein wenig biegen. Damit der darunterliegende Ziegel nicht bricht, setzt man den Haken üblicherweise etwas höher und schneidet den darüberliegenden Ziegel aus, damit er nicht zu weit angehoben wird. Das ist aber aufwendig und birgt das Risiko, die Ziegel zu schwächen, weshalb ich mich dafür entschieden habe, die jeweils unteren Ziegel durch Blechziegel zu ersetzen, die einerseits dünner und auch viel flexibler sind als Tonziegel. Hier der genaue Prozess der Hakenmontage:

  1. Ziegel 1 & 2 hochschieben und Ziegel 3 entfernen.
  2. Blechziegel statt Ziegel 3 einsetzen
  3. Grundplatte des Dachhakens anschrauben, Haken einsetzen und ausrichten
  4. Haken fixieren
  5. Schaumstoff ausschneiden.
  6. Ziegel 1 & 2 wieder runterschieben.

Als Schrauben habe mich für 8x180mm verzinkte Stahl-Tellerkopfschrauben von Würth entschieden. Ich dachte auch einmal über Edelstahl nach, habe das aber ob des gewaltigen Preisunterschieds bald wieder verworfen. Zu meiner großen Begeisterung ist keine einzige der etwa 300 Schrauben gebrochen, selbst wenn ich sie schräg eindrehen musste. Als Bit habe ich einen schlagfesten Bit mit 1/2″-Antrieb, ebenfalls von Würth, verwendet und davon ist zu meiner Überraschung einer gebrochen.

Und weil einmal die Frage gestellt wurde, warum ich einen Schlagschrauber statt einem normalen Akkuschrauber genommen habe: Einerseits ist man mit dem Schlagschrauber schneller und kann die Schrauben besser festziehen, andererseits tut man sich mit dem Schlagschrauber bei einhändiger Bedienung viel leichter. Mit dem Akkuschrauber geht es eigentlich nur beidhändig. Hier sind zwei Videos die den Unterschied erkennen lassen.

Akku-Bohrschrauber
Akku-Schlagschrauber

Elektrik

In der Hauptverteilung habe ich zwei B16-Sicherungsautomaten für die Erzeugungsstromkreise und einen B10 für das Gateway verbaut. Die Messungen des Hausverbrauchs und der Erzeugung erfolgen über jeweils drei Stromwandler.
Die Q-Relays haben am Dachboden Platz gefunden. Die Verkabelung erfolgte durch den Kamin der ehemaligen Ölheizung.

Einrichtung der Anlage

Auch wenn die Wechselrichter noch nicht verbaut waren, habe ich schon einmal das Enphase Gateway angeschlossen. Und Enphase begeistert mich immer mehr. Man kann sich einfach einen Installer Account machen, ohne dass man ein (Elektro)unternehmen sein muss. Dann App öffnen, Anlagendaten eingeben, Barcodes aller Komponenten mit der App scannen und schon war die Basiskonfiguration fertig. Die Verbindung zu den Q-Relays klappte auf anhieb und das passende Netzprofil holt sich das Gateway automatisch anhand des Anlagenstandorts. Jetzt fehlen „nur“ noch die Schienen und Module aber dafür musste erst einmal der Schnee wieder vom Dach weggehen.

Auch die Integration in Home Assistant ist super. Lokale IPv4-Adresse des Gateways eingeben und mit den Zugangsdaten zur Enphase Cloud anmelden und fertig.

Schienen

Die Montage der Schienen zeigte, wie uneben das Dach unseres 60 Jahre alten Hauses eigentlich ist. unter Nutzung sämtlicher Einstellmöglichkeiten der Haken ist es mir aber gelungen, die Schienen halbwegs gerade anzubringen. Hoffentlich.

Ich habe insgesamt 98 Dachhaken, 100 Blechziegel, ~300 Schrauben, 42 Endkappen und 16 Erdungsklemmen verbaut.

Module und Wechselrichter

Zuerst haben wir das Q-Cable nach folgendem Plan ausgelegt und dann nach und nach jeweils einen Wechselrichter mit Hammerkopfschraubenan der Schiene montiert und ein Modul angeschlossen und darüber fixiert.

Die ersten drei Module habe ich alleine montiert, was ich wirklich niemandem empfehlen kann. Dank der tatkräftigen Hilfe meiner Freunde haben wir dann in rund 6 Stunden die komplette Südwest-Seite samt der Gaube mit insgesamt 25 Modulen und Wechselrichtern belegt. Ein sehr hilfreiches Werkzeug hierbei war ein Glassauger, der das Tragen der Module massiv erleichtert hat.

Eine Woche später wurden die restlichen Module montiert. Auf der Nordost-Seite wurde ein Modul mehr angebracht als ursprünglich geplant war, da bei der Lieferung eines beschädigt war und Ersatz geliefert wurde. Das beschädigte sollte aber trotzdem halbwegs funktionieren und daher wollte ich es nicht entsorgen. Nachdem beim Netzbetreiber die IQ7-Wechselrichter angemeldet wurden, sollte der zusätzliche Wechselrichter kein Problem sein, da die jetzt tatsächlich verbauten IQ8 etwas weniger Spitzenleistung haben.

Inbetriebnahme

Nachdem die Anlage fertiggestellt war, konnten die Wechselrichter bestromt werden. In der Installer Toolkit App startete ich dann eine Suche und nach etwa einer Minute waren alle 37 Wechselrichter gefunden und konnten der Anlage zugeordnet werden. Danach hat das Gateway begonnen, das Netzprofil auf aller Wechselrichter auszurollen. Dafür sollte man etwas Geduld mitbringen. Bei mir hat es eine halbe Stunde gedauert, bis alle Geräte fertiggestellt waren.

Dann musste noch die Erzeugung aktiviert werden und dabei habe ich ein paar Eigenheiten des Enphase-Systems kennengelernt, die man wissen sollte: Es gibt drei Wege, die Konfiguration und Parametrierung vorzunehmen:

  • Installer Toolkit App
  • Enlighten Web-Portal
  • Lokaler Webzugang auf das Gateway

Das allermeiste hat aus der App funktioniert, ein paar Dinge aber eben nicht. Will man beispielsweise das Netzprofil ändern, muss man sich dieses zuerst in der App herunterladen und anschließend per App lokal auf das Gateway übertragen. Aktivieren konnte ich es dann aber nur über das lokale Webinterface des Gateways. Berichte, wie beispielsweise über die aktivierten Netzprofile, kann man dann wiederum nur über das Enlighten Web-Portal abrufen. Genau hierbei gab es zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme einen Fehler, weshalb die Parameter des verwendeten Netzprofils nicht mit auf dem Bericht ausgegeben wurden. Das ist für die Fertigmeldung beim Netzbetreiber aber unerlässlich.

Betrieb mit Einspeiselimit

Solange die Freigabe zur Einspeisung nicht erfolgt ist, könnte man die Anlage theoretisch schon betreiben, solange man nichts oder nur wenig einspeist. Dann würde der Eigenbedarf gedeckt, indem die Anlage immer höchstens so viel produzieren würde, wie man im selben Moment im Haus verbraucht. Da wir ja schon ein Balkonkraftwerk angemeldet haben, würde man die Einspeiseleistung auf das limitieren, was dieses in etwa einspeisen könnte. Also rein hypothetisch natürlich.

Auf diese Weise würde man es auch umsetzen, wenn man vom Netzbetreiber ein Einspeiselimit zum Schutz des Netzes vorgegeben bekommt, was immer öfter vorkommt, da der Ausbau der Verteilnetze mit dem PV-Ausbau nicht Schritt halten kann. Ich sehe das aber nur wenig problematisch, da die Spitzenleistungen ohnehin nur selten erreicht werden und diese auf den Ertrag und damit auf den ökologischen und ökonomischen Nutzen der Anlage nur wenig Einfluss haben.

Demnächst folgt: Freigabe durch Netzbetreiber für die Einspeisung.


Fazit und Kosten

Bisher ist, vom Zeitplan abgesehen, alles wie geplant verlaufen.
Die Module hatte ich bald im Haus. Es dauerte aber recht lange, bis ich genau wusste, welche Enphase-Komponenten ich bestellen musste und auch bestellen konnte. Das lag teilweise daran, dass ich zuerst zu klären versuchte, warum eine andere Variante des IQ7 auf der TOR-Liste aufgeführt ist als jene, die man in Europa zu kaufen bekommt, und ich dann die neuen IQ8-Modelle von Enphase abwarten wollte. Diese sind effizienter und, im Gegensatz zu den Vorgängern, grundsätzlich inselfähig. Das ist für mich im Moment nicht relevant, aber schaden kann es ja nicht. Und schlussendlich kam der Winter dazwischen, der sicheres Arbeiten am Dach unmöglich machte. Auch wenn ich aktuell nur alle paar Wochen an der Anlage weiterarbeiten kann, ist ein baldiger Abschluss des Projekts absehbar.

Die spezifischen Kosten der Anlage werden vermutlich 1.155 €/kWp betragen und setzen sich folgendermaßen zusammen.

PV-Module5.740 €
Enphase-Komponenten, Haken und Schienen12.150 €
Blechziegel und Firstlüfter1.200 €
Schrauben300 €
Sonstiges (Kabel, Schränke usw.)1.000 €
Netzzutrittsentgelt120 €
Zusätzlicher Wechselrichter180 €
Förderung-3.600 €
Summe17.090 €

Ablauf

12.06.2023Bestellung PV-Module
14.06.2023Ticket für Förderung gezogen
10.07.2023Lieferung PV-Module
30.10.2023Bestellung Enphase und Schienen
10.11.2023Lieferung Enphase und Schienen
29.11.2023Verlängerung der Inbetriebnahmefrist beantragt
03.03.2024Unterkonstruktion fertig
23.03.2024WR und Module auf SW-Seite montiert
05.04.2024WR und Module auf NO-Seite montiert
08.04.2024Abnahme durch Elektriker
Fertigmeldung bei Netzbetreiber

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