Elektrisch nach Wales & England – Zusammenfassung und Fotos

Lesezeit: 40 Minuten

Sehr schnell ist die Zeit diesmal vergangen und wir sind schon wieder zurück im schönen Salzburg. In diesem Beitrag fasse ich unsere Erlebnisse zusammen und zeige ein paar Bilder. Etwas ausführlicher beschreibe ich unsere Erfahrungen mit dem elektrischen Mietwagen und am Ende gibt es noch ein paar Zahlen, weil Zahlen einfach so schön sind.

Wer die Beiträge zu dieser Reise von Anfang an lesen möchte, sollte hier beginnen.

Inhalt


Karte

Die Reise

Anreise

Der ÖBB Nightjet von Salzburg nach Paris war schon etwas in die Jahre gekommen und nicht sehr gut gepflegt. Sobald man die Sitze unseres privaten Sitzabteils in die Liegeposition stellte, trat etwas mehr Schmutz zutage, als wünschenswert wäre. WLAN oder irgendwelche Anzeigen gab es nicht. Alles in allem war die Fahrt aber in Ordnung und wir kamen entspannt in Paris an, um dort gleich in den Eurostar nach London umzusteigen. Die Organisation des Check-In-Vorgangs ist leider sehr schlecht und so standen wir fast eine Stunde in verschiedenen Schlangen vor Pass- und Sicherheitskontrollen. Die eigentliche Fahrt war gut, die Sitze waren bequem und sehr sauber. Auch das WLAN war halbwegs brauchbar, wenn auch nicht sehr schnell. Wobei letzteres angesichts der hunderten Personen, die sich den Uplink teilen, nicht überraschend ist.

London bis Wales

Wir verbrachten zwei Nächte in London und nutzten die Zeit, um hauptsächlich zu Fuß etwas durch die Stadt und ihre Parks zu schlendern. Camden Town mit Camden Market war dabei besonders interessant. Im Sheperds Bush nahmen wir dann unseren elektrischen Mietwagen entgegen und fuhren Richtung Norden. Mehr zum Thema Auto findet sich weiter unten.
Am Weg besuchten wir das National Museum of Computing in Milton Keynes. Das Museum ist für interessierte äußerst sehenswert und liegt am Gelände von Bletchley Park, einem an sich schon sehr geschichtsträchtigen Ort. Hier wurde beispielsweise im zweiten Weltkrieg die Verschlüsselung der deutschen Enigma geknackt. Ich verweise an dieser Stelle nochmals auf den großartigen Film The Imitation Game.
Begrüßt von Schildern voller Buchstabensalat und begleitet von einer beeindruckend schlagartigen Änderung der Landschaft erreichten wir wenige Stunden später Wales.

Wales

Von unserer Unterkunft in Betws-y-Coed brachen wir täglich zu den unterschiedlichsten Zielen in und um den Snowdonia Nationalpark auf. Wir unternahmen Wanderungen durch alte Bergbaugebiete, in raue Gebirgslandschaften und um malerische Seen. Wir erklommen 180 Stufen in einer viktorianischen Kupfermine, standen in Llanfairpwll­gwyngyllgogery­chwyrndrobwll­llantysilio­gogogoch am Bahnsteig und Wildkaninchen begleiteten unseren Abendspaziergang. Wir besuchten ein Museum, fuhren mit einer historischen Zahnradbahn auf den Snowdon und hüpften unter Tage durch riesige Kavernen. Wir waren am Strand, wanderten an Klippen entlang und sahen Schwäne und Reiher in einem Seerosenteich.

Wales – im Speziellen Snowdonia – ist und bleibt für mich zweifellos der vielfältigste und einer der beeindruckendsten Orte der Welt.

Ich bin ja niemand, der üblicherweise viel Wert auf das Wetter bei seinen Aktivitäten legt. Aber alter Schwede, hatten wir ein Glück auf dieser Reise. Wales ist nicht grundlos von so üppigem Grün bewachsen, aber wir kamen tatsächlich nicht ein einziges Mal mit Regen in Kontakt. Es war trotzdem mit etwa 17°C immer angenehm kühl, es herrschte meist eine gesunde Bewölkung, aber es kam ausreichend Sonne durch, um das Gemüt bei Laune zu halten und sogar die Haut etwas zu bräunen. Auch die Hitzewelle, die in Paris für bis zu 39°C sorgte, endete fast exakt mit unserer Ankunft.

England

Die südöstlich von Wales gelegenen Cotswolds verließen wir eher unbeeindruckt wieder. Mehr Wald und weniger Touristen wären schön gewesen. Die UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt Bath war schon eher sehenswert und der New Forest Nationalpark gefiel uns gut. Vor der Rückkunft nach London waren wir noch ein zweites Mal am Strand, diesmal an der Südküste Großbritanniens.

Paris und Rückfahrt

Die Organisation beim Besteigen des Eurostars war in London tatsächlich noch wesentlich schlechter als in Paris und wir brauchten geschlagene zwei Stunden, um in den Zug zu gelangen. Nächstes mal werde ich auf jeden Fall prüfen, ob es sowas wie Priority-Boarding gibt. Oder wir fahren mit dem Schiff. Oder wir schwimmen. Wäre vermutlich alles schneller.
In Paris angekommen spazierten wir vorbei an unzähligen wunderschönen Bistros, Cafés und Crêperien, wie sie typischer nicht aussehen könnten. Die üblichen touristisch frequentierten Orte streiften wir nur am Rande.
Nach zwei Nächten in Paris genossen wir in der ersten Klasse des TGV eine sehr angenehme – wenn auch durch ein amüsantes Ereignis unterbrochene – Fahrt nach München, wo wir nach gut fünf Stunden ankamen und noch eine Nacht blieben. Am Folgetag brachte uns ein Zug der ÖBB zurück nach Salzburg.

"Falls sich ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn mit Ausbildung in SRK an Bord befindet, möge sich dieser bitte umgehend beim Zugchef melden!" Diese Durchsage erfolgte mehrmals auf etwa halber Strecke zwischen Paris und München. Kurz vor Karlsruhe dann die Aufklärung: Es ist nicht genug Sicherheitspersonal an Bord, um einen folgenden Streckenabschnitt fahren zu dürfen. Sollte sich also bis Karlsruhe niemand finden, muss der Zug eine um mindestens 30 Minuten längere Ausweichstrecke nehmen. Nach längerem Aufenthalt in Karlsruhe stieg dann jemand mit entsprechender Ausbildung zu, den man scheinbar in der Zwischenzeit aufgetrieben hatte. Somit konnten wir die geplante Strecke fahren und die Verspätung hielt sich in Grenzen.

Bilder

Nahe Lyndhurst kamen wir an einem Ort vorbei, an welchem ich bei meiner Reise 2018 schon einmal gewesen bin. Hier zwei Szenen, aufgenommen im Abstand von etwas mehr als vier Jahren:

Auto

Wir hatten für diese Reise bei verschiedenen Anbietern nach einem Mietwagen gesucht – elektrisch, versteht sich – und wurden schlussendlich bei Ufodrive fündig. Wir entschieden uns für einen VW ID.3. Zusammenfassend ist die Miete sehr zufriedenstellend verlaufen und wir hatten keinerlei nennenswerte Schwierigkeiten. Weder mit dem Auto, noch mit dem Laden. Somit gehört das Thema Verbrenner auch bei Mietwägen ab sofort der Vergangenheit an.

Ladeinfrastruktur

Ich hatte mir vorab natürlich die Ladeinfrastruktur in Großbritannien, speziell in Wales, grob angesehen und für ausreichend befunden. Vor allem im Süden des Landes gibt es viele Schnelllader entlang der Autobahnen, teilweise auch Standorte mit mehr als 10 Ladepunkten. Die meisten Standorte aber, vor allem jene näher der Landesmitte, bestehen nur aus einem einzelnen 50kW-Lader. In Wales, speziell in Snowdonia, sah es sehr spärlich aus mit Schnellladern. Die Situation erinnert etwas an das Mariazellerland. Wobei ganz so schlimm war es dann doch nicht. Es gibt genau eine 50kW-Säule in Betws-y-Coed, wo auch unsere Unterkunft war. Sonst liegen alle DC-Lader etwa eine Stunde Fahrzeit entfernt.

Gleich zu Beginn der Miete nutzten wir einen der oben erwähnten einsamen 50kW-Lader, da wir das Auto mit relativ leerem Akku übernommen hatten. Wir hatten Glück, unmittelbar nach uns kamen zwei Autos, die dann warten oder weiterfahren mussten. Später machten wir an einem solchen Halt und steckten unseren ID.3 an einen der 12 HPCs von Gridserve. Daneben stand außerdem ein Tesla Supercharger mit weiteren 12 Ladepunkten (und einer Starlink-Antenne). Die Gridserve-Ladesäulen boten alles, was hier noch lange nicht Standard ist: Preisauszeichnung direkt an der Säule, kWh-Abrechnung, kontaktlose Zahlung mit Kreditkarte, Rechnungsdownload nachträglich möglich. Genau so soll das sein. Naja zumindest fast. Es funktionierte dafür keine der Ladekarten, die wir dabeihatten. Aber besser so als umgekehrt.

Um eine Rechnung bei Gridserve herunterzuladen, geht man einfach auf eine Website, gibt die letzten vier Stellen der benutzten Kreditkarte an, wählt den Ladevorgang aus einer Liste und fertig. Was ich zuerst nicht wusste: Bezahlt man mit Apple Pay, wird nicht die tatsächliche Kartennummer verwendet, sondern eine andere, die man in der Wallet-App bei der jeweiligen Karte sehen kann.

Die AC-Ladeinfrastruktur ist überraschend gut ausgebaut. An Hotels, an fast allen größeren Supermärkten, an Bahnhöfen, an einigen Parkplätzen und in London sogar an Straßenlaternen haben wir AC-Ladepunkte gesehen. Und immer mit transparenter Preisauszeichnung und kWh-Abrechnung.
Die Preise für das Ad-Hoc Laden mit Kreditkarte betrugen zwischen 0,30£ und 0,50£ pro kWh, je nach Leistung und Betreiber der Säule.
Zweimal kamen wir an eine nicht funktionierende Säule, wobei aber in beiden Fällen weitere Säulen am selben Standort verfügbar waren.

Wer vor hat, mit einem Elektroauto durch Großbritannien zu fahren, braucht sich also vorab keine Gedanken über Ladekarten zu machen. Die Standorte an Autobahnen sind zwar fast immer gut gekennzeichnet (Zwei überlappende Zapfsäulen, die vordere in Grün), man sollte aber unbedingt eine App wie Plugshare dabei haben, um auch Ladesäulen abseits der Autobahnen zu finden.

Ufodrive

Die alteingesessenen Mietwagenfirmen hatten keine für uns passenden Angebote hinsichtlich Modell, Preis oder Anmietstation, daher haben wir uns für die recht junge Firma Ufodrive entschieden. Dieser Anbieter setzt auf eine vollelektrische Flotte und einen rein App-basierten und sehr einfach gehaltenen Buchungs- und Mietprozess. Er hat Standorte in vielen europäischen Städten.
Die Registrierung geht recht einfach vonstatten und ist nach Upload einiger Dokumente zum Nachweis von Identität, Fahrerlaubnis und Wohnsitz schnell erledigt. Auch die Buchung verläuft selbsterklärend. Die einzige Besonderheit ist, dass man die Distanz angeben muss, die man voraussichtlich fahren wird. Eine bestimmte tägliche Kilometerleistung ist inklusive und was darüber hinaus geht, kostet 0,25£/km. In der Miete ist nämlich bereits der Fahrstrom für die gesamte Mietdauer inkludiert. Fährt man mehr Kilometer als man dazugebucht hat, bezahlt man nach Rückgabe für die Differenz 0,30£/km. Es ist also ratsam, so genau wie möglich abzuschätzen, welche Strecke man zurücklegen wird. Eine zusätzliche Person kann man direkt in der App als Zweitfahrer:in hinzufügen und auch das ist mit keinen Mehrkosten verbunden.

Wer Ufodrive testen möchte, kann meinen Empfehlungslink benutzen und bekommt 30€ Rabatt auf die erste Miete.

Als wir unseren ID.3 entgegennehmen wollten, gab es leider kleine Komplikationen, die ich hier schon beschrieben habe. Die Dame von Ufodrive war aber sehr bemüht und schlussendlich bekamen wir das gewünschte Fahrzeug. Um die Miete zu beginnen, muss man das Auto nur auf Schäden prüfen und diese gegebenenfalls in der App melden und los gehts.
Als Autoschlüssel dient ebenfalls die App, die sich per Bluetooth mit dem Fahrzeug verbindet und daher auch offline funktioniert. Diese zeigt den Ladezustand und die verbrauchten Kilometer an und bietet auch eine Karte mit Ladestationen. Letztere war aber leider komplett nutzlos. Sie zeigte uns entweder viel zu wenige oder gar keine Ladestationen an. Daher erneut der Tipp: Plugshare installieren!
Im Auto lagen zwei Ladekarten, eine von bp Pulse und eine von Plugsurfing. Von bp Pulse gibt es eine recht gute Web-Karte mit unterstützten Stationen und von Plugsurfing hat man als Elektomobilist:in von Welt ohnehin die App am Telefon.
Die Rückgabe verlief unproblematisch und ebenfalls komplett über die App. Unsere mitgebuchten 1000 Meilen haben wir um 91 Meilen überschritten, was ich fast als Punktlandung verbuche.

Man ist keineswegs an die beigestellten Ladekarten gebunden, sondern kann auch jede beliebige andere Ladestation benutzen, selbst bezahlen und nachträglich die Rechnung für die Ladung per Mail einreichen. Ich habe das gemacht und das Geld wurde völlig unbürokratisch sofort Rückerstattet.

Unser VW ID.3

Nachdem ich neben unserem Model 3 mit keinem anderen Elektroauto Langstrecken-Praxiserfahrung hatte, freute ich mich schon sehr auf den VW ID.3, der ja auch als de-facto Golf-Nachfolger einen gewissen Stellenwert am aktuellen Fahrzeugmarkt hat.
Insgesamt waren wir zufrieden mit dem Auto, obwohl es ein paar Eigenheiten hat, mit denen ich persönlich nur schwer leben könnte. Das sind aber weitgehend subjektive Punkte, die für andere völlig akzeptabel sein mögen.
Vorweg sei noch gesagt, dass ich die Bedienungsanleitung nicht gelesen und auch keine Suchmaschine bemüht habe, weshalb manche Punkte möglicherweise so gar nicht zutreffen. Ich bin aber der Meinung, dass das bei gutem UI/UX-Design prinzipiell nicht nötig sein darf. Punkt.

Fahren

Sehr gut gefallen hat mir das generelle Fahrgefühl und -Verhalten. Guter Wendekreis, komfortables, aber nicht schwammiges Fahrwerk, brauchbare Beschleunigung (auch bei niedrigem Ladezustand). Die Rekuperationsleistung ist nicht gewaltig, aber ausreichend. Das Auto kann allerdings nicht bis zum Stillstand rekuperieren. Im Gegensatz zu „echtem“ One-Pedal-Driving muss man hierbei also das Bremspedal betätigen, um anzuhalten.
Außerdem ist der ID.3 äußerst leise (was aber im Vergleich zum Model 3 mit Winterreifen keine große Kunst ist).
Die Sitze sind bequem und für meine Körpegröße (>180cm) hinreichend verstellbar. Die Lenkradverstellung könnte aber meinetwegen noch mehr Spielraum in Richtung Fahrer:in zulassen.
Der Kofferraum fühlte sich, obwohl er volumetrisch die gleichen Maße wie der im Model 3 hat, relativ klein an. Er ist wesentlich weniger tief, dafür aber höher. Was aber zweifellos fehlt, ist ein Frunk. Also ein Frontkofferraum, in welchem sich Ladekabel usw. verstauen lassen sollten.
Noch ein Wort zum Verbrauch: Wir haben im Schnitt nur 13,2kWh/100km benötigt und erst nach der Hälfte der Zeit gemerkt, dass unser ID.3 den kleineren Akku von nur 58kWh hatte. Natürlich liegt der niedrige Verbrauch primär an der Durchschnittsgeschwindigkeit von nur knapp 52km/h aber es ist doch schön zu sehen, dass man auch mit einem kleinen Akku reale Reichweiten von deutlich über 400km erzielen kann.

Integrierte Navigationssysteme der allermeisten Autos haben ja nicht den allerbesten Ruf. Ich wollte dem ID.3 aber die Chance geben, mir das Gegenteil zu beweisen und wir nutzten daher (fast) ausschließlich das integrierte Navi.

Die Suche hat prinzipiell recht gut funktioniert, solange man einen bestimmten Ort sucht.
Will man aber etwas finden, das es öfters gibt, stößt man auf Probleme. Die Suchergebnisse werden nämlich nur in einer Liste angezeigt und nicht auf der Karte. Man hat also nicht die leiseste Ahnung, in welcher Richtung die angezeigten Supermarkt-Filialen, Ladesäulen oder ähnliches liegen, was die Suche weitgehend ihres praktischen Nutzens beraubt.

Video: Suchergebnisse nur in Listenform

Die eigentliche Routenplanung und -Führung funktionierte recht gut, obwohl wir uns öfters auf „Abkürzungen“ wiederfanden, wo ein Model 3 nicht mehr durchgepasst hätte. Einen weiteren klassischen Navigations-Fail gab es ebenso, als wir an der Schranke zu einer Autobahnraststation anstanden, auf der eine Ladestation sein sollte.
Ist die geplante Route länger als die aktuelle Reichweite, so werden auch Ladestopps und eine Ladezeit eingeplant. Wirklich verlassen würde ich mich aber nicht darauf, nachdem das Auto weder anzeigt, mit welcher Restreichweite man an der Ladestation (oder am Ziel) ankommen wird. Außerdem bezweifle ich stark, dass die Liste der Ladestationen, die das Navi kennt, vollständig oder aktuell ist. Was hingegen wirklich gut funktioniert, ist die Anzeige der Restreichweite, die immer plausiblen war und auf dem tatsächlichen Verbrauch basiert (im Gegensatz zu Tesla, wo immer der WLTP-Verbrauch zugrunde liegt).
Die Anzeige der POIs entlang der Route gefiel mir sehr gut. Hier sieht man Verkehrshindernisse und entlang der Route befindliche Raststationen, Tankstellen usw. schön dargestellt:

Richtig gut fand ich auch die Anzeige der letzten Ziele. Hier sieht man auf einen Blick die Richtung, die Distanz und die Verkehrslage:

Als wir im Londoner Stadtverkehr zurück zur Anmietstation fahren wollten, stieß das Navi an seine Grenzen und wir griffen auf Google Maps zurück. Die Verkehrslage stimmte nicht und es wurde eine viel zu lange und zu umständliche Umfahrung der Staus vorgeschlagen. Laut Google (und in der Realität) brauchten wir weniger als ein Drittel der Zeit, die das VW-Navi angegeben hatte.
Glücklicherweise ist man aber eben nicht an das eingebaute Navi gebunden, sondern kann dank Wireless CarPlay auch andere Apps von einem Smartphone benutzen.

Bedienung

Das ist jetzt der Moment, an dem die positiven Punkte leider ein Ende nehmen. Die Bedienung fand ich persönlich wirklich schlecht.

Es beginnt dabei, dass es beim ID.3, der auf einen reinen Elektro-Plattform basiert, noch immer das Konzept der „Zündung“ gibt. Ist diese „Zündung“ nicht eingeschaltet, kann man beispielsweise keine Fensterheber benutzen und man muss das entertainment-System extra einschalten. Um diese Pseudo-Zündung zu aktivieren, muss man einen „Start“-Knopf an der Lenksäule drücken oder auf das Bremspedal steigen. Nicht, dass das im Alltag ein riesiges Problem darstellt, aber es zeigt, dass das Auto einfach nicht aus Benutz:innensicht entwickelt wurde.
Tatsächlich störend ist es aber, wenn man nach dem Stehenbleiben noch etwas im Auto bedienen möchte: Die „Zündung“ geht nämlich aus, sobald man sich vom Fahrer:innensitz erhebt und geht dann nicht wieder an. Will man also nach dem Aussteigen beispielsweise noch die Fensterheber bedienen, so muss man erst das Auto „Starten“ bevor diese funktionieren.

Video: Fensterheber gehen nur bei eingeschalteter „Zündung“

Und wo wir schon bei den Fensterhebern sind: Man hat im Cockpit einfach die Tasten für die hinteren Fenster weggespart. Will man diese von vorne bedienen, muss man zuerst eine Touchfläche berühren, auf der REAR steht, und dann kann man die hinteren Fenster steuern. Dann muss man wieder auf die vorderen umschalten.

Video: Tasten für hintere Fensterheber wurden weggespart.

Diese Touchflächen ziehen sich leider durch das gesamte Cockpit. Auch am Lenkrad sind ausschließlich berührungsempfindliche Flächen, die einem bei Betätigung ein Feedback (ähnlich Apples Taptic Engine) vorgaukeln, das sich aber sehr unnatürlich und verzögert anfühlt. Man kann auch über die Flächen wischen: Von links nach rechts, um die Lautstärke zu erhöhen, und von oben nach unten, um zum nächsten Lied zu wechseln. Nein, ich habe mich nicht verschrieben. Von oben nach unten. Und was ist in der Mitte? Eine OK-Taste, die NICHT als Stumm/Pause-Taste funktioniert. Und es ist mir auf 1.757km nicht gelungen, eine Stumm/Pause-Taste zu finden. Das wäre für mich ein Grund, dieses Auto nicht zu kaufen.
Auch die Klimasteuerung hat scheinbar jemand an einem Desktop-Computer mit einer Mouse gestaltet. Man kann die Klimaanlage NUR über einen kleinen Button am entfernten Ende des Bildschirms ein- oder ausschalten. Man kann sie NICHT einschalten, indem man einfach auf „wärmer“ oder „kälter“ drückt. Es sind immer mindestens zwei weitere Taps nötig. Und ja, ich habe auch die Sprachbedienung versucht. Geht nicht.
Weil das noch nicht unintuitiv genug ist, zieht sich außerdem keinerlei einheitliches Bedienkonzept durch das Cockpit. Touchflächen sind mal matt, mal glänzend, mal direkt am Touch Target beschriftet, mal daneben und manchmal sind es gar keine Touchflächen sondern einfach nur Anzeigen. Es ist einfach zu offensichtlich, dass hier eine Vielzahl von Personen oder Teams am Werk waren, die schlichtweg nicht zusammengearbeitet haben.
Sehr störend war auch, dass Bluetooth-Audio nicht pausiert oder zumindest leiser wird, während Navigationsansagen abgespielt werden.
Und zu guter Letzt: Das Auto zeigt die aktuelle Ladeleistung nicht an, also jedenfalls nicht in kW, sodass man sich irgendwas darunter vorstellen könnte.

Ist der ID.3 deshalb ein schlechtes Auto? Absolut nicht.
Gut, die Touchflächen waren ein mächtiger Griff ins Klo aber viele der genannten Punkte ließen sich per Update beheben und soweit ich weiß, ist das teilweise bereits passiert. Ich weiß nicht, auf welchem Softwarestand das Auto war, aber es zeigte an, dass ein Update verfügbar war. Man möge mir nachsehen, dass ich es nicht riskieren wollte, dieses zu installieren. Dazu sind mir schon zu viele abenteuerliche Geschichten von VW-Softwareupdates zu Ohren gekommen.
Das „Vertrauen“ in das Auto wäre mir aber noch nicht hoch genug, dass ich unbedarfte Verbrennerfahrer:innen guten Gewissens ohne Vorbereitung hineinsetzen würde. Die dafür erforderliche „Idiotensicherheit“ bietet leider noch immer nur Tesla.
Hier noch ein paar Bilder:

CO2-Bilanz

Im Folgenden rechne ich immer mit der Summe für zwei Personen!

Zuerst als Referenz: Wären wir mit dem Flieger von Salzburg nach London und retour gereist, hätten wir dabei etwa 1.000kg CO2 (Quelle) ausgestoßen. Da das bei Flugzeugen in großer Höhe passiert und die Klimawirkung daher deutlich höher ist, rechne ich mit 1.900kg (Quelle).
Hätten wir die 1.757 Straßenkilometer mit einem durchschnittlichen Verbrenner zurückgelegt, hätte das weitere 413kg CO2 (Quelle) verursacht.
Gesamt wären das also 2.313kg CO2.

Um die Emissionen der Zugfahrten zu ermitteln, bediene ich mich der Zahlen von hier (S. 214 ff.) und so lässt sich für unsere Fahrten, die insgesamt in etwa 3.000km lang waren, ein Wert von 277kg CO2 berechnen.
Für die 1.757km, die wir mit dem Elektroauto gefahren sind, haben wir etwa 243kWh (inkl. 5% DC-Ladeverluste) verbraucht. Nach den aktuellen CO2-Emissionswerten des britischen Strommix laut Electricitymap ergeben sich daraus 62kg CO2. Die Batterieherstellung fällt zwar dank Recycling nicht wirklich ins Gewicht, ich rechne dafür aber trotzdem großzügige 33kg CO2 hinzu.
Gesamt sind das 372kg CO2.

Durch die Nutzung von Zug & Elektroauto haben wir also fast 2.000kg CO2 oder 84% gegenüber Flieger & Verbrenner eingespart.

Vergleich unserer CO2-Emissionen zu Flieger & Verbrenner für zwei Personen
Für unseren Elektro-Roadtrip zum Nordkapp findet man die CO2-Bilanz übrigens hier.

Kosten

Insgesamt haben wir gemeinsam 4.046€ für die Reise ausgegeben.

Ausgaben auf der Reise für zwei Personen.


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